Zu seinen Schülern gehörten Beethoven, Schubert und der blutjunge Liszt, als Hofkapellmeister sorgte er für einen regelrechten Opera-buffa-Taumel in Wien. Doch wenn heute sein Name fällt, denkt man nicht unbedingt zuerst an den großartigen Melodienerfinder und vielseitigen Opernbühnen- Arbeiter Antonio Salieri. Immer noch wird er mit dem berühmtesten Königsmord der Musikgeschichte in Verbindung gebracht. Um die Karriereleiter hinaufzufallen, soll der Wahl-Wiener Salieri seinen bewunderten Widersacher Wolfgang Amadeus Mozart per Giftanschlag aus dem Weg geräumt haben. Allerdings haben auch genaueste Untersuchungen dies nicht bestätigen können. Da aber die Legende oftmals hartnäckiger ist als die Faktenlage, muss er auch zwei Jahrhunderte nach seinem Tod, 1825, weiter auf der Anklagebank schmoren.
Schuld an diesem Bild ist natürlich Miloš Formans Jahrhundertstreifen »Amadeus«. Den hatte auch Timo Jouko Herrmann als Jugendlicher gesehen. Doch schon damals fiel ihm auf, »dass im Film kaum ein Takt Musik aus Salieris Feder erklang. Und ich war einfach neugierig darauf, was dieser einstmals so gefeierte Komponist wohl so alles geschrieben hatte«. Beim inzwischen 30-jährigen Heidelberger war damit das Jagdfieber ausgebrochen. Er begann alles zu sammeln, wo Salieri draufstand: Partituren, Schallplatten, alte Drucke. Und als Herrmann sich schließlich in Mannheim für ein Kompositionsstudium einschrieb, nahm er prompt Kontakt zur Österreichischen Nationalbibliothek auf, um dort Salieris Handschriften einzusehen. Auch Spezialisten der historischen Aufführungspraxis hat Herrmann mit seiner Begeisterung anstecken können. Besonders der Dirigent Thomas Fey »war gleich nach unserem ersten Treffen Feuer und Flamme«, wie sich Herrmann erinnert. »Und schon wenig später hatte er ein Stück von Salieri aufs Programm gesetzt.« Mit der von Fey und dem Mannheimer Mozartorchester eingespielten Salieri-CD ist nun aber auch der Startschuss für eine Aufnahmeserie gefallen, mit der dem weithin unbekannten Salieriprofil endlich die nötige Konturenschärfe gegeben werden soll. Selbstverständlich ist dabei Timo Jouko Herrmann mehr als nur künstlerischer Berater. »Ich wähle die entsprechenden Werke im Katalog der jeweiligen Bibliothek aus und bestelle dann Kopien der Autografen bzw. Reproduktionen auf Mikrofilm. Die ausgewählten Handschriften übertrage ich dann eins zu eins in den modernen Notensatz und erstelle das Orchestermaterial. Da Salieri sehr genau arbeitete und eine gut leserliche Handschrift hatte, gibt es nur äußerst selten unklare Stellen.« Der Schlüssel zum Werk Salieris liegt bei Herrmann in den besten Händen. Womit dem Umzug Salieris von der Anklagebank in die Nähe des Komponistenhimmels nichts mehr im Wege stehen dürfte.
Hänssler Classic/Naxos
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