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N° 1354
20. - 30.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Petra Müllejans und Gottfried von der Goltz

Gemischtes Doppel

Sie sind wie die Sonne und der Mond ihres Ensembles: Gleichzeitig tauchen Petra Müllejans und Gottfried von der Goltz im Grunde nie am Himmel über dem Freiburger Barockorchester auf. Tilman Stamer hat sie für RONDO jedenfalls doch an einen Tisch bekommen.

RONDO: Unlängst sind Sie mit Ihrer „Titus“- Einspielung beim „Grammy“ in Los Angeles leer ausgegangen – sind Sie enttäuscht?

Gottfried von der Goltz: Natürlich hätten wir uns gefreut, doch die Nominierung allein hat schon für so viel Wirbel und positive Publicity gesorgt. Den Alltag des FBO aber hätte ein „Grammy“ sicher nicht entscheidend geändert.

Petra Müllejans: Ich wäre ja wirklich gerne dort gewesen, um mein neuestes Abendkleid zu präsentieren.

Goltz: Im Ernst?

Müllejans: Nein (lacht), nicht wirklich. Ich habe mir die Übertragung angeschaut und konnte mir, ehrlich gesagt, nicht vorstellen, dass wir so gut in diese Veranstaltung hineingepasst hätten.

Goltz: Für den „Titus“ haben wir ja immerhin den Jahrespreis der deutschen Schallplattenkritik bekommen, und so ein Preis ist gegen über dem eher politischen „Grammy“ für uns mindestens so wichtig, vor allem, da wir uns in Europa in einer Art Haifischbecken mit vielen guten Ensembles tummeln.

Müllejans: Also ich bin gar nicht immer so genau informiert, welche Platte welchen Preis gewonnen hat. Andererseits, wenn immer nur die Projekte von Gottfried Erfolg hätten und meine nicht, dann würde mir das schon zu denken geben.

RONDO: Sie leiten die Projekte wechselweise, dadurch kreuzen sich Ihre Wege musikalisch ja relativ selten – können Sie etwa gar nicht miteinander?

Müllejans: Das hat ganz pragmatische Gründe. Anfangs haben wir alle Projekte zusammen gemacht, aber seit wir zwei gemeinsame Kinder haben, müssen wir uns das aufteilen.

RONDO: Und wenn die Kinder groß sind?

Müllejans: Dann wird diese strikte Trennung vielleicht wegfallen.

Goltz: Ich würde gerne auch mehr Projekte mit Gastdirigenten machen. Momentan übernimmt das hauptsächlich Petra, mir selbst würde aber viel künstlerischer Input durch die Lappen gehen, wenn ich nicht auch mit Musikern wie z.B. Réne Jacobs zusammenarbeiten könnte.

RONDO: Wenn Sie also häufiger mit Gastdirigenten arbeiten, heißt das, Sie scheuen sich mehr vor dem Ausüben von Autorität, Frau Müllejans?

Müllejans: Nein (lacht), seit ich Kinder habe, nicht! Die Wege, die Gottfried und ich einschlagen, um zu einem guten Ergebnis zu kommen, sind sicherlich verschieden.

Goltz: Nun ja, ich würde sagen, wir sind als Menschen schon grundverschieden, ergänzen uns aber, und das FBO würde vermutlich verzweifeln, wenn es nur einen von uns beiden zu ertragen hätte.

RONDO: Das bringt uns zu einer landläufigen Kategorisierung der FBO-Doppelspitze, die Petra Müllejans als Bauch- und Gottfried von der Goltz als Kopfmusiker beschreibt.

Müllejans: Das macht die Sache sicherlich sehr einfach, trifft sie aber überhaupt nicht. Bei mir ist es eher so, dass ich mit dem Bauch anfange und dass allmählich nachwächst, was ich über die Musik erfahre.

Goltz: Außerdem ist beispielsweise Petra in ihrer Arbeit besser organisiert, ich selbst bin ein eher chaotischer Musiker.

Müllejans: Das stimmt! Was aber auch stimmt, ist, dass Gottfried in der Probenarbeit analytischer vorgeht, mehr belegt. Mir selbst fällt vielleicht eher ein schönes Bild ein, das aber genauso zum Erfolg führen kann.

RONDO: Darum war das Projekt „About Baroque“ mit Uraufführungen von fünf zeitgenössischen Komponisten wohl auch eher ein Fall für den Analytiker von der Goltz?

Müllejans: Nein, ich habe die Anfrage für dieses Großprojekt sofort „durchgewinkt“, da mich die Arbeit damit maßlos überlastet hätte.

Goltz: Und ich muss gestehen, dass ich zu dieser Neuen Musik wie die Jungfrau zum Kinde gekommen bin. Es war ein typisches FBO-Projekt, bei dem wir ins kalte Wasser gesprungen sind – letztendlich aber mit Erfolg. Und wir haben dabei schließlich alle richtig zählen gelernt ...

RONDO: Wird das Barockorchester in Zukunft regelmäßig fachfremd agieren?

Goltz: In Ausnahmefällen – die Barockmusik bleibt aber im Mittelpunkt. Es gab vor Jahren den Vorstoß, uns nur die „Freiburger“ zu nennen, aber das wurde vom Orchester abgelehnt – außerdem war der Name leider auch schon von der örtlichen Bierindustrie belegt.

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Tilman Stamer, 06.09.2014, RONDO Ausgabe 2 / 2007



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