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Da mussten einige im Publikum einfach ihre Konzertmanieren vergessen und applaudieren. Als Sviatoslav Richter am 30. Oktober 1960 in der New Yorker Carnegie Hall auch den 2. Satz von Schumanns C-Dur-Fantasie stürmisch, mit vollem Risiko und so gar nicht unfallfrei hingelegt hatte, konnte man nicht anders als zu jubeln. Und was Richter danach an düsterer Trunkenheit aufbot, an schmetterlingsgleichen Farben (Ravel) und Dämonie (Skrjabin), kam selbst für die anwesende Pianistenprominenz Marke Artur Rubinstein einem Erweckungserlebnis gleich. Mit sechs Solo- Recitals im New Yorker Konzerttempel sowie einem Gastspiel im Mosque Theatre in Newark/New Jersey übertraf der Russe im amerikanischen Feindesland schlichtweg alle Erwartungen. 45 Jahre alt war Richter 1960 bereits, als er endlich sein US-Debüt gab. Und obwohl eben manuell nicht immer alles rund lief, drang er auch in den Sonaten und Stücken von Beethoven bis Prokofjew, von Haydn über Chopin bis Debussy in ungeahnte, rabiate, schockierende und dann wieder so überirdisch zarte Dimensionen vor. Diese Richter-Manifeste, die allesamt für den Sony-Vorläufer Columbia entstanden sind, liegen nun zusammen mit seinen RCA-Konzerteinspielungen von 1960 mit dem Boston bzw. Chicago Symphony Orchestra in gebündelter Form vor. Und zum Glück wurde die leicht historische Klangpatina dieser ereignisreichen Dokumente belassen. Komplettiert wird die Box mit Live-Aufnahmen aus dem Jahr 1988 vom Schleswig-Holstein-Festival, bei dem Richter mit Solo-Werken von Brahms und Beethovens 1. Klavierkonzert (mit Dirigent Christoph Eschenbach) zu bewundern war.
Guido Fischer, 14.02.2015, RONDO Ausgabe 1 / 2015
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