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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Keine Grenzen: Daniel Barenboim ist auch von iranischem Säbelrasseln nicht abzuhalten (c) Peter Adamik/Wiener Staatsoper

Pasticcio

Diener des Teufels

Dass Daniel Barenboim der Musik eine die Völker verbindende und uralte Gräben überwindende Kraft beimisst, hat er spätestens mit der Gründung seines West Eastern Divan Orchestra deutlich gemacht. Musiker aus allen Ecken und Spannungsgebieten des Nahen Ostens sitzen da nebeneinander und spielen zusammen Mozart und Beethoven. Doch der Stardirigent, der neben einem israelischen ebenfalls einen – wenngleich nur symbolischen – palästinensischen Pass besitzt, ist auch ein Mann der klaren Kante. Und weil ihm schon lange Israels Haltung gegenüber den palästinensischen Nachbarn nicht passt, befürwortete er kürzlich, im Rahmen der „Edward W. Said London Lecture“, im Grundsätzlichen die unsägliche Bewegung „BDS“, die zu einem Boykott Israels aufruft. Dass Barenboim sich damit zornigen Widerspruch einhandelt, ist verständlich. Ebenso nachvollziehbar ist die Empörung, mit der Israels Kulturministerin Miri Regev jetzt auf die Nachricht reagiert hat, Barenboim werde demnächst mit seiner Berliner Staatskapelle für ein Konzert nach Teheran reisen. Schließlich hat Iran immer wieder die Vernichtung des jüdischen Staats propagiert. Miri Regev forderte daher umgehend die Absetzung des Konzerts, für das Bundesaußenminister Steinmeier und damit Deutschlands ranghöchster Diplomat die Schirmherrschaft übernommen hat, der trotz aller Kritik aus Israel Hauptbeteiligter am Atomabkommen mit dem Iran gewesen ist. Die westlichen Verhandlungsführer mögen sich der Illusion hingegeben haben, dass Iran damit auch mildere Töne gegenüber dem Erzfeind anschlagen wird. Doch gerade ist ein Buch vom politischen und religiösen Führer Ayatollah Ali Khamenei erschienen, in dem er unmissverständlich klarmacht: das „Krebsgeschwür Israel“ müsse zerstört werden. Barenboim scheint aber auch das nicht zu beeindrucken – laut der Berliner Staatsoper bemühe man sich weiter um ein Visum für ihn.

Nachtrag vom 31.8.: Weil der Dirigent und Pianist israelischer Staatsbürger ist, hat die iranische Regierung einen möglichen Auftritt Barenboims mit der Staatskapelle Berlin in Teheran abgesagt. „Der Iran erkennt das zionistische Regime (Israel) nicht an und wird auch nicht mit Künstlern dieses Regimes zusammenarbeiten“, sagte ein Sprecher des iranischen Kultusministeriums.

Guido Fischer



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