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N° 1354
20. - 30.04.2024

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am 27.04.2024



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(c) Monika Rittershaus

Friedens-Workout: Philip Glass`„Satyagraha“

Berlin, Komische Oper

Ewige Blink- und Blitzgewitter. Aufreibende Zählorgien und Hüpfexzesse. Der Stil von Philip Glass ist auf Anhieb wiedererkennbar – und hat dem heute 80-Jährigen viel Geld und Neid der Kollegen eingebracht. Seine inzwischen 25 Opern vollziehen einen eleganten, kreativen Abwärtsschwung. „Satyagraha“ aber, uraufgeführt 1980 (kurz nach „Einstein On The Beach“), hat noch ganz den Kontrastreichtum, suggestiven Sog und politischen Dorn im Hintern, womit gute Phil Glass-Opern sich auszeichnen. An Berliner Opernhäusern war – allen internationalen Erfolgs unerachtet – nie eine Oper des Komponisten zu sehen. Auch „Satyagraha“ ist, bei Lichte besehen, eine Koproduktion mit Basel. Der Choreograf, dem man das Werk anvertraut hat, war in Berlin gleichfalls nur bekannt als Zuarbeiter eines fatalen „Ring des Nibelungen“ an der Staatsoper (Regie: Guy Cassiers). Andernorts erfreut sich Sidi Larbi Cherkaoui einer sogar kultischen Verehrung.
Warum nur? Die Bewegungskonfektion, die Cherkaoui für Glass’ Dreistünder ersonnen hat, läuft auf immer dieselben Spiralbewegungen, Pirouettensprünge und Drehwürmer hinaus – bei erschwerter Armarbeit. Man kennt das seit 30 Jahren. In den besten Momenten führt Cherkaoui all das als Workout-Tapete zur Modern Dance-Eurythmie vor.
„Satyagraha“ (wörtlich: die Kraft der Wahrheit) meint in dieser Mahatma Gandhi-Oper die konfliktlösende Macht von Gewaltlosigkeit und Duldung. Dagegen hat das Orchester der Komischen Oper (trotz Jonathan Stockhammer als Dirigent) mit den winkelgeraden Rhythmen, gelegentlich auch Hackrouladen, seine liebe Müh’. Es hebt nicht recht ab. Immerhin: Das mag sich mit der Zeit noch besser eingrooven. Dank Stefan Cifolelli als Gandhi wird man von Friedens-Eiapopeia souverän eingelullt. In Wirklichkeit übrigens sah Gandhi in seiner (hier thematisierten) Zeit in Südafrika noch gar nicht so aus, wie man ihn heute kennt. Besaß sogar noch Haare. Wir antworten: Omm …

Robert Fraunholzer, 25.11.2017, RONDO Ausgabe 6 / 2017



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