Begleitet von Graham Johnson widmet Peter Schreier sich hier vorbildlich den Mannerliedern von Hugo Wolfs »Italienischem Liederbuch«, verwirklicht 1993 und 1994 in Bristol: Er überzeugt durch ausgesprochen differenzierten Umgang mit dem sensiblen Liedgut auf der Basis weitreichender stimmlicher bzw. stimmtechnischer Möglichkeiten. Er agiert dabei deutlich souveräner als seine Partnerin Felicity Lott, die ihre Stimme schon zu jener Zeit in Sachen Vibrato nicht mehr hundertprozentig im Griff hatte.
Gilels’ weniger bekannte Einspielung des dritten Rachmaninow-Konzerts unter Cluytens (1955) mit ihrer der Rachmaninowschen Originalversion nahen Nervosität bei gleichzeitig größtmöglicher Poesie nimmt schon vollkommen ein für diesen CD-Stapel. Die hochvirtuose, feurige Aufnahme der zweiten Chopin-Sonate tut ein Übriges. Über zwei Drittel der Gesamtspielzeit sind ansonsten Beethovens Musik gewidmet: sämtliche Konzerte in zwei Versionen, dazu mehrere Variationenzyklen. Kurzum: eine wahrhaft fesselnde Begegnung mit einem der ganz großen Künstler des 20. Jahrhunderts.
Eine wahre Schatzkiste ist diese 7-CD-Box: Zwischen 1991 und 1997 nahm der britische Tastenkünstler Davitt Moroney die gesamte Musik für Tasteninstrumente von William Byrd auf. Galliarden, Pavanen und Couranten, Whistles, Rounds und Hornpipes, Fantasien, Präludien und Fancies rauschen dem Hörer um die Ohren. Dargeboten auf sechs verschiedenen Instrumenten vom Virginal über das Cembalo bis hin zur Orgel. Man muss kein Freak sein, um in den Bann dieser ungeheuer lebendigen und gleichzeitig satztechnisch so vollkommenen Musik gezogen zu werden. Und man braucht nicht viel Fantasie, um zu ermessen, was für eine gewaltige intellektuelle Leistung hinter einer solchen Unternehmung steckt. Glücklicherweise beteiligt Moroney den interessierten Hörer an seinem Wissen: Ein buchdickes Beiheft enthält ausführliche Informationen zu Byrds Biografie und zu jedem der eingespielten Stücke.
Es ist alles andere als selbst verständlich, dass reiner Instrumentalklang durch seine schiere Schönheit und Ausdruckstiefe ebenso unmittelbar berührt wie der direkt ins Herz zielende Ton eines guten Sängers. Dem österreichischen Cellisten Lorenz Duftschmid und seinen hervorragenden historisierenden Streichern und Bläsern gelang 1995 indes genau dieses Kunststück bei der Einspielung einiger Stücke aus der Feder des österreichischen Hofkomponisten Johann Heinrich Schmelzer (1623–1680): So edel und ausgewogen ist die Fülle des bläserbewehrten Tutti, so wohlklingend umschmeicheln Violen und Cornetti unsere Ohren, so satt und volltönend unterfüttert die Continuogruppe das melodische Geschehen, dass man diese in jeder Hinsicht besondere CD gar nicht mehr aus dem Abspielgerät nehmen möchte. Ein wahres Meisterstück, dessen Wiederveröffentlichung höchste Beachtung verdient.
Der charakteristische Klang ihrer gewaltigen Stimme prägte Jahrzehnte des Wagnergesangs: Die Norwegerin Kirsten Flagstad ist bis heute nicht wegzudenken aus dem »schweren Fach«, das sie scheinbar so mühelos zu übernehmen verstand – vieles, was wir heute auf den Bühnen der Welt hören, erscheint uns qualitativ unendlich weit entfernt von dieser schlichten, selbstverständlichen Größe. Eine Größe, die auch am Ende der Karriere noch zu spüren war: Was Flagstad 1952 an Wagner und Strauss noch kurz vor ihrem 57. Geburtstag in Berlin live über die Rampe zu bringen verstand, präsentiert das Label Audite in gewohnt guter Klangqualität, für die die Originalbänder behutsam aufgearbeitet wurden.
Michael Wersin, 11.01.2014, RONDO Ausgabe 5 / 2010
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