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Maria Markesini, das ist nicht einfach eine weitere in dem nicht endenwollenden Reigen neuer Stimmkünstlerinnen, sondern sie ist – noch viel mehr, als es CD und Booklet erwarten lassen – als Person ein Ereignis. Die Extravaganz ihres Äußeren fällt ins Auge, dabei ist sie nicht Kindfrau, wie das Cover ihres Albums »Kosmo« suggerieren könnte, sondern hinreißende, selbstbewusste Mittdreißigerin. Immer wieder aber liegt ein mädchenhaft scheuer Ausdruck in ihren Augen. Vielleicht liegt ja in diesem Spannungsverhältnis von wissender Erfahrung und scheuer Neugier das Geheimnis der besonderen Frische von Maria Markesinis Musik.
Maria Markesini absolvierte erfolgreich eine Ausbildung als Konzertpianistin, zuerst in Athen und dann in Brüssel und Amsterdam. Eigentlich aber fühlte sie sich als geborene Sängerin, träumte davon, Jazz zu singen. Ihre Lehrer hatten versucht ihr auszureden, ihr Talent an diese »nachrangige« Musik zu verschwenden. Dann sollte sie ein Klavierkonzert geben. Kurz zuvor aber verletzte sie sich am Arm, ein Ersatz wurde engagiert, doch der Veranstalter wollte dem Publikum die angekündigte Künstlerin nicht ganz vorenthalten, und so bekam sie die Gelegenheit zu einer Einlage. Sie setzte sich ans Klavier und hatte ihr bejubeltes Comingout als Sängerin.
Jetzt war die gestandene Musikerin im Gesangsfach wieder Anfängerin. In ihrem klassischen Studium hatte sie die Bedeutung von Disziplin gelernt, hatte erfahren, wie wichtig es ist, künstlerisch, geistig und physisch klar sortiert zu sein. Konsequenterweise ließ sie sich nun im gesamten vokalen Ausdruckspektrum unterweisen. Die Bedeutung der Sprache, des Wortes, war ihr seit ihrer Kindheit heilig, schließlich ist ihre Mutter eine bedeutende Lyrikerin. Maria Markesini ist davon überzeugt, dass es das Publikum spürt, wenn ein Sänger es ehrlich meint – selbst dann, wenn es die Sprache des Sängers nicht versteht.
Als Sängerin gehörte sie nun zur Welt des Jazz. Nach dieser Welt hatte sie sich neidvoll als dem Reich der Freiheit gesehnt, als man ihr, der gefühlten Rebellin, etwa vorschreiben wollte, ihren geliebten Johann Sebastian Bach nur auf dem Cembalo spielen zu dürfen. Doch bald musste sie erfahren, dass es in großen Bereichen des Jazz ein hohes Maß an streng kodifizierten Regeln gibt. Im Vergleich zur Freiheit der Interpretation und der musikgeschichtlichen Flexibilität im Bereich der Klassik seien die stilistischen Einengungen im Jazz jedoch von einer armseligen Enge.
Mag die Konfrontation mit dieser Realität für sie auch sehr schmerzhaft gewesen sein, so ist der Jazz für sie doch Quelle der Freude und Inspiration. Begeistert erwähnt sie ihren Pianisten Bert van den Brink und schwärmt von Stefano Bollani, dessen Charakterisierung als Roberto Benigni des Jazz sie geradezu begeistert. Da ist sie wieder, die wissende Erfahrung und die Mädchenhaftigkeit – jetzt gar nicht mehr scheu.
Thomas Fitterling, 25.01.2014, RONDO Ausgabe 3 / 2010
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