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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Retro-Diskothek

Schafe weiden neben exquisit gewandeten Festivalgästen: Der reiche englische Landbesitzer John Christie errichtete 1934 auf seinem jahrhundertealten Besitz in Glyndebourne kurzerhand ein Opernhaus, um in seiner ländlichen Heimat Sussex auf möglichst hohem Niveau ein wenig Bayreuth spielen zu können. Das eigene Festival bot gleichzeitig auch Christies Frau, der Sopranistin Audrey Mildmay, ein illustres Podium. Christies Erfolg war indes ein durchschlagender – grandioser sicherlich als von ihm selbst erträumt. Bis heute ist Glyndebourne eines der ganz großen Opernfestivals der Welt. Glücklicherweise hat EMI schon im ersten Festivalsommer 1934 begonnen, Aufführungen mitzuschneiden. Die vorliegende 5-CD-Box liefert Opernquerschnitte aus den Jahren 1934 bis 1997 und präsentiert Sänger wie Willi Domgraf-Fassbaender, Peter Pears, Sena Jurinac, Sesto Bruscantini, Léopold Simoneau, Victoria de los Angeles, Margaret Price, Felicity Lott ... eine wahre Freude.

The Very Best Of Glyndebourne On Record

EMI

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Hermann Preys berühmte Aussage, er sei kein reiner E-Sänger und auch kein reiner U-Sänger, sondern eben einfach ein »EU-Sänger«, ist sicher nicht sein intelligentestes Bonmot. Dennoch wirft diese klarsichtige Selbstcharakterisierung ein Schlaglicht auf seine interpretatorische Ästhetik: Wir hören ihn klassische Musik mit Stilelementen des Unterhaltungsgenres zelebrieren – als da wären: Zerdehnung einzelner Silben, schmissige Portamenti etc. –, wir genießen in seinen Volksliedinterpretationen aber andererseits auch die äußerst wohltuende Präsenz eines wirklich außergewöhnlich schönen und kraftvollen, der Anlage nach ganz klassischen Stimmmaterials. Prey war eben eine Marke für sich: Seine höchst individuelle Kunst hat ihm ungeheuren Erfolg beschert, aber vieles, was er gemacht hat, bleibt für sensiblere Verehrer auch Stein des Anstoßes. Die Deutsche Grammophon bietet mit der gleichzeitigen Veröffentlichung von acht (!) Volkslied-CDs in
einer Box sowie Schuberts drei Liederzyklen in einem Klappalbum mit drei CDs nun Gelegenheit, sich erneut intensiv mit Prey (er wäre am 11. Juli 80 geworden) auseinanderzusetzen.

Hermann Prey – Die Schubert-Trilogie

DG

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Bei dieser Reihe lohnt sich auch mal der genauere Blick aufs Cover: Das Label Glossa bringt neun vergriffene Aufnahmen unter dem Reihentitel »Cabinet« erneut auf den Markt. Inspirationsquelle für die Serie und ihre optische Gestaltung sind die Kunstsammlungen wohlhabender Adliger des 16. und 17. Jahrhunderts. Die stolzen Besitzer stellten ihre Pretiosen gewöhnlich effektvoll in den Hinterzimmern (Kabinetten) ihrer Wohnsitze aus. Gemälde von Pflanzen, Tieren und Steinen, die in solchen Kabinetten hätten hängen können, zieren nun die Covers der Glossa-Serie. Leider fehlt im Innern jeglicher Hinweis auf die Herkunft dieser Gemälde. Umso mehr erfreut der akustische Inhalt: Sigismondo d’Indias drittes Madrigalbuch, gesungen von La Venexiana (GCD C80903), frühe Aufnahmen von Nuria Rial und Carlos Mena mit Musik aus der spanischen Sammlung Orphénica Lyra (GCD C80204), Mendelssohns »Sommernachtstraum« mit dem Orchestra of the Eighteenth Century unter Frans Brüggen (GCD C81101) ...

Cabinet

Glossa

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Seit 1977 gibt es »The Record of Singing«: Britische Schallplattensammler und Gesangsfachleute taten sich damals mit Spezialisten der EMI zusammen, um die Geschichte des auf Tonträgern festgehaltenen Gesangs umfassend zu dokumentieren. Kompetenzstreitigkeiten und Schlampereien in den Anfangsjahren konnten das Projekt nicht stoppen: Ende der Achtzigerjahre lagen 47 Schallplatten in vier Boxen vor, jede davon gepackt voll mit Einzeltracks hunderter Sänger aus allen europäischen Schulen. Die älteste enthaltene Aufnahme stammt von 1899. Die Sammlung war für Gesangsbegeisterte ein Faszinosum ersten Ranges. Dass solche Editionen, in denen Normalsterbliche über weite Strecken vor allem Rauschen und Knacken wahrnehmen, jedoch keine irrsinnigen Absatzzahlen erreichen, verwundert nicht. Darum ist es eine freudige Überraschung, dass EMI nun zumindest einen Auszug aus den Schallplattenboxen eins bis vier (1899-1952) auf zehn CDs präsentiert und das Unternehmen mit einer weiteren 10-CD-Box, die die Jahre 1953 bis 2007 dokumentieren, zum (vorläufigen?) Abschluss bringt. In der neuen Folge rauscht und knackt es naturgemäß nicht mehr so sehr. Dafür begegnen wir zahlreichen noch allgemein bekannten Sängern wie Arleen Augér, Teresa Berganza, Alfredo Kraus, Emma Kirkby, José van Dam und vielen mehr.

EMI

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Michael Wersin, 15.03.2014, RONDO Ausgabe 4 / 2009



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