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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Johann Kaspar Mertz

The Last Viennese Virtuoso (Gitarrenwerke)

Frank Bungarten

MDG/Naxos MDG 9051954
(67 Min., 8 & 9/2016) SACD

Obwohl die Gitarre in der Romantik selbst unter Granden wie Hector Berlioz einen exzellenten Ruf genoss, sollte sich doch erst im späten 19. Jahrhundert mit dem Spanier Francisco Tárrega ein Repertoire herausbilden, das dem bis dahin vorherrschenden oftmals arg harmlosen Gute-Stuben-Ton etwas Gehaltvolleres entgegensetzen konnte. Auch der aus Bratislava stammende und in Wien wirkende Gitarrenvirtuose Johann Kaspar Mertz (1806 - 1856) zählte nun nicht gerade zu den kompositorischen Visionären. Die Stücke, die Frank Bungarten für seine Mertz-Hommage ausgewählt hat, stehen da auf den ersten Blick ganz in der Tradition einer gepflegten Salon-Musik, bei der auch Opern-Paraphrasen gang und gäbe waren. Und trotzdem staunt man nicht schlecht, wie Mertz in seiner immerhin knapp 12-minütigen Fantasie über Verdis „Ernani“ ein vielstimmiges, effektvolles Register in Sachen Belcanto und Brillanz gezogen hat. Das Geheimnis hinter diesem dahinwiegenden und sich dann wieder zuspitzenden Minioperndrama ohne Worte geht aber nicht zuletzt auf eine Könnerschaft zurück, die sich Mertz auf einem damals beliebten, heute längst ausgestorbenen Gitarrenmodell angeeignet hatte. Es war ein zehnsaitiges Instrument mit zwei Hälsen, dergestalt dass sich oberhalb des klassischen Griffbretts für sechs Saiten noch ein zweites mit vier zusätzlichen Basssaiten befand. Solch ein Instrument aus der Werkstatt des Wiener Gitarrenbauers Scherzer soll Mertz gespielt haben. Und weil Bungarten jetzt seinem Kollegen diskografisch mehr als nur eine überfällige Reverenz erweisen wollte, hat er sich vom Engländer Gary Southwell so einen Zehnsaiter nachbauen lassen. Wie Bungarten in seinem einmal mehr äußerst lesenswerten Booklettext verrät, ist diese Gitarre angesichts ihrer Größe und ihres verbauten Materials „bleischwer“. Doch wie könnte es anders sein: Bei Bungarten scheint sie sich wie von selbst zu spielen. So leuchtend und herzerwärmend (eben dank der vier Bordunsaiten), so edel und so hochpoetisch kommt ihr Klang daher. Etwa in sechs Schubert-Liedern wie „Ständchen“ und „Das Fischermädchen“ oder in den „Trois morceaux“, in denen es dann doch so magisch iberisch zugeht, als ob Mertz das goldene Zeitalter der spanischen Gitarre und damit auch einen Francisco Tárrega vorausgeahnt hätte.

Guido Fischer, 01.07.2017


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