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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Sergei Prokofjew

Sinfonien Nr. 1 & 7, „Leutnant Kische“-Suite

Tugan Sokhiev, Deutsches Symphonie-Orchester Berlin

Sony 88985419432
(70 Min., 11/2014, 3 & 5/2016)

Dieser Stoff hätte auch aus der Feder Gogols stammen können. Geschrieben hat diese russische Schwejkiade über einen Leutnant, der nie existiert hat, Ende der 1920er Jahre aber ein gewisser Juri Tynjanow. Und weil Sergei Prokofjew auch das nötige Händchen besaß, um solchen Farcen den entsprechenden Drall zu geben, war er eine gute Wahl, als er die Musik zu der 1934 erstmals gezeigten Verfilmung dieses Stoffs schreiben sollte. Auch wenn die „Leutnant Kische“-Suite lediglich aus fünf Sätzen besteht, weiß Dirigent Tugan Sokhiev nun den burlesken Grundton dieser kurzweiligen Muntermacher genauso verlockend herauszukitzeln wie den volkstümlichen Schwung (4. Satz). Der Einstieg in die 2. Folge der geplanten Gesamteinspielung der Prokofjew-Sinfonien ist damit gelungen (wobei das Projekt möglicherweise unvollendet bleiben wird, da sich Chefdirigent Tugan Sokhiev und das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin inzwischen getrennt haben). Mit den Sinfonien Nr. 1 & 7 schlägt man danach nicht nur einen zeitlich großen, knapp vierzig Jahre umfassenden Bogen im Wirkkreis des Komponisten. Gegensätzlicher könnten sie nicht sein. Was andererseits aber für jede Koppelung der retrospektiven „Symphonie classique“ (Nr. 1) mit irgendeiner Sinfonie aus dem 20. Jahrhundert gilt. Im Fall dieses sinfonischen Prokofjew-Schlagers ist man dann doch etwas enttäuscht. Obwohl das Orchester bis in jede Gruppe nun wirklich alles richtig macht, fehlt dem Ganzen der nötige Drive und Punch, das Gespür fürs Freche und Grimassierende dieser Musik. Versöhnt wird man immerhin vom sinfonischen Schwanengesang, den Prokofjew zwei Jahre vor seinem Tod 1953 begann. Trotz des allgegenwärtigen, mal offensiv zur Schau gestellten, mal subkutan mitlaufenden Tschaikowski-Sounds verstehen Dirigent und Orchester das Werk nicht als neo-romantische B-Ware, sondern als eines der letzten Zeugnisse eines von Schicksalsschlägen geprägten Komponistenlebens.

Guido Fischer, 08.07.2017


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