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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Wolfgang Amadeus Mozart

Klaviersonaten KV 330 - 332, KV 457

Mikhail Pletnev

DG/Universal 477 5788
(70 Min., 6/2005) 1 CD

Nettigkeiten sind mit dem russischen Klavierdenker Mikhail Pletnev nicht zu haben. Und erst recht nicht bei Mozart. Unüberhörbar analysierte Pletnev dafür das Notenmaterial mit einer röntgenartigen Akribie, wie er es immer getan hat. Ob bei den russischen Klavierkonzert-Schwergewichten oder den Beethoven-Bagatellen. Und die Erkenntnisse setzt Pletnev nun zu einem Mozartporträt zusammen, das so gar nichts mit dem klassischen Ebenmaß oder mit der apollinischen Sichtweise zu tun hat. Im Gegenteil. Bei Pletnev ist Mozart ein Espressivo-Musiker am Rande des Abgrunds. Damit eröffnet Pletnev zwar erneut die Diskussion, inwieweit Mozarts Musik ein Spiegelbild seiner Lebensumstände, seiner seelischen Verfassung ist. Doch wenn solche faszinierenden Resultate dabei herauskommen, scheint das Kapitel noch längst nicht abgeschlossen zu sein. Zumal Pletnev gerade die Sonaten-Trias KV 330 - 332 um keinen Deut entspannter und versöhnlicher nimmt als die c-Moll-Sonate KV 457.
Treibende Kraft ist da die linke Hand, in der dunkle (Schubert-)Mächte zu herrschen scheinen. Im Eröffnungs-Allegro der Sonate KV 332 unterspülen Pletnevs morbide Bass-Figuren das scheinbar so aufgeräumte Oberflächengefüge, entwickelt sich der Satz wie eine Wandererfantasie, bei der es in schaurige Täler und auf brüchiges Gipfelterrain geht. Und im Variationensatz der A-Dur-Sonate setzt Pletnev auf verunsichernde Synkopen (rechte Hand) und springende Staccati (linke Hand), wie man sie auch von Glenn Goulds Mozart her kennt. Pletnev ist aber weder ein querköpfiger Provokateur noch ein um die unbedingte Tiefe ringender Musiker. Er setzt Fragezeichen, die etwas in Bewegung bringen. Er sucht nach dem epischen Kern, mit dem Mozart über das klassische Entwicklungsdenken hinausging. Aus einem einzigen Guss können diese Sonaten daher auch gar nicht sein. Dem "alla turca"-Satz nähert sich Pletnev mit rhythmischen Manieriertheiten, für die er auf der anderen Seite wieder mit einem dynamischen Facettenreichtum entschädigt, der selbst bei dem etwas vernebelt wirkenden Klangbild durchkommt.

Guido Fischer, 01.09.2007


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