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N° 1354
20. - 30.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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The Dreamer Is The Dream

Chris Potter

ECM/Universal 5740661
(51 Min., 6/2016)

Nach seiner Einspielung mit dem Underground Orchestra, auf der ein Streichquartett auf eine große Band traf, ist der Saxofonist Chris Potter wieder zum flexiblen kleinen Quartettformat zurückgekehrt. Mit dem Bassisten Joe Martin, dem in Kuba geborenen Pianisten und Celesta-Spieler David Virelles sowie dem Schlagzeuger Marcus Gilmore versammelte Potter eine liveerprobte Working Group in den New Yorker Avatar Studios. Und auch wenn diese Zusammenstellung großen Raum für Interaktionen lässt und sich die Kompositionen des Bandleaders dem Albumtitel entsprechend oftmals wie innere Traum-Monologe ausnehmen, die ihrer ganz eigenen Logik folgen, besticht die Aufnahme durch eine geradezu klassische Ausgewogenheit.
Jeder Instrumentalist bekommt im Laufe der Session die Gelegenheit zu einem langen durchdachten Solostatement – Pianist Virelles wechselt in dem von indischen Ragas inspirierten, aber keineswegs so klingenden „Yasodhara“ etwa zwischen grollendem Gewitterklang und debussyhaftem Trauermarsch, Bassist Martin entwickelt in „The Dreamer Is The Dream“ zwingend logische, an Bach erinnernde Linien, Drummer Gilmore schließlich singt in dem an Michael Breckers „African Skies“ erinnerndem „Ilimba“ quasi auf seinem Schlagzeug.
Das alles ist so luzide auf den Punkt gebracht, dass fast gar nicht auffällt, wie viel Experimentierfreude Potter bei der Einspielung an den Tag legt. Neben seinen wie gehabt atemberaubenden Tenorexkursionen und seinem sich vor Wayne Shorter verneigendem Sopranspiel kann man ihn außerdem an der Bassklarinette und am Daumenklavier hören sowie als Architekt eines irisierenden Samplepuzzles bestaunen, mit dem das Stück „Memory and Desires“ anfängt.
Überraschend dann auch der Albumabschluss: „Sonic Anomaly“ verbindet avantgardistischen Geist mit volksliedhaften Melodielinien und einem derben schrägen HipHop-Groove. Klassisch, aktuell, vorausschauend ist das, alles auf einmal. Was will man sich mehr erträumen?

Josef Engels, 05.08.2017


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