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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



Als Rudolf Serkin 1991 im Alter von 88 Jahren im amerikanischen Vermont verstarb, hätte die Klassikwelt eigentlich ähnlich Trauer tragen müssen, wie sie es etwa beim Abschied von Horowitz oder Richter getan hat. Aber Serkin wurde im Gegensatz zu seinen Kollegen eben nie angehimmelt, sondern lediglich nur bewundert. Was ihm wohl an Anerkennung ausgereicht haben dürfte. Denn der aus dem böhmischen Eger stammende Meisterpianist, der sich 1939 für immer in den USA niederlassen sollte, hatte so gar nichts von einem charismatischen Sonderling. Die postromantische Virtuosenpranke überließ er Horowitz. Und das oftmals düster Tragische und Dämonische, mit dem Richter den Kosmos von Bach bis Schubert durchpulste, war ebenfalls nicht Serkins Sache. Bei ihm bekam man vorrangig das geboten, was man oberflächlich als erfüllendes Klavierspiel bezeichnen kann.
Nichts Seelenzerrissenes, keine extremen Pendelschläge und schon gar keine vordergründige Brillanz findet man daher auch in der ultimativen Serkin-Box, die alle offiziellen Aufnahmen für das Columbia-Label aus dem Zeitraum 1939 bis 1985 bündelt. Und selbstverständlich kann man sich einmal mehr mit dem Kammermusiker Serkin vertraut machen, der etwa mit seinem langjährigen Alter Ego an der Violine, Adolf Busch, oder mit Cellist Pablo Casals Duo-Sonaten von Beethoven beglückend anmutig und berührend, aber frei von allem falschen Pathos eingespielt hat. Erlesenen Mozart-Perspektiven begegnet man in den mittleren Klavierkonzerten und in der perfekten Partnerschaft mit den Dirigenten Georg Szell bzw. Alexander Schneider. Und was die Klaviersonaten sowie Klavierkonzerte von Beethoven angeht, zählt Serkin noch immer zu den Großen. Denn wie eigentlich in seinem gesamten diskografischen Nachlass erweist sich hier seine Gestaltungskraft und Ausdrucksfülle als schlichtweg packend, weil er es stets verstand, das Gutmütige und das Nachdenkliche, das Noble und Grimmige so darzustellen, als gehöre all das – wie das Natürlichste in der Welt – zur DNA dieser Werke.

Guido Fischer, 26.08.2017


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