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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Christopher Tye

Complete Consort Music

Phantasm

Linn/Naxos CKD 571
(67 Min., 9/2016)

Wahrscheinlich im Jahr 1505 und damit fast zeitgleich mit Thomas Tallis soll Christopher Tye das Licht der Welt erblickt haben. Und wie seinem englischen Landsmann und Komponistenkollegen sind Tye geistliche Vokalwerke von zeitlos eindringlicher Schönheit gelungen. Wenngleich seine Kirchenmusik dementsprechend ihren festen Platz bei jenen Vokalensembles hat, die sich auf die Alte Musik spezialisiert haben, so genießt eine außergewöhnliche Instrumentalsammlung aus der Feder dieses Renaissance-Komponisten eine noch größere Popularität. Es handelt sich dabei um immerhin 21 vollständig überlieferte „In nomine“-Stücke, mit denen Tye den Grundstein für eine besonders in England intensive musikalische Beschäftigung mit der Passage „in nomine Domini“ aus einer Messe von John Taverner legte. Wie etwa Henry Purcells ebenfalls für Gamben geschriebene „In nomine“-Fantasien besitzen zwar auch Tyes bisweilen gerade einminütigen „In nomine“-Kunstwerke keinen liturgischen Bezug. Dafür kommen die oftmals mit Titeln wie „Trust“, „I Come“ oder „Believe Me“ versehenen Stücke bei aller packenden Intensität, wie sie typisch für die Consortmusik des Elisabethanisches Zeitalter gewesen ist, mit geradezu aufreizendem Raffinement im Harmonischen sowie sogar lautmalerischen Gimmicks daher. Der Schluss des mehrstimmigen, würdevoll dahingleitenden „Say So“ wird urplötzlich dissonant zerfasert. Und mit „In nomine ‚Cry‘“ fühlt man sich ein wenig wie auf einem Londoner Marktplatz mit den entsprechenden lautstarken Händlern. So reizvoll diese kleine musikalische Szene ist – auch hier legt das fünfköpfige englische Gambenensemble Phantasm größten Wert auf eine Klang- und Ausdrucksfülle, mit der man das gesamte Tye-Album zu einem Ereignis und Erlebnis gemacht hat. Mit entsprechendem Gespür für Tyes Kunst, rhythmische Komplexität und harmonischen Reichtum mit einer vom tiefen Glauben gespeisten Ernsthaftigkeit zu versöhnen, veredeln die Musiker um Ensemblegründer Laurence Dreyfus dementsprechend auch die zehn weiteren Stücke. Und allein das sechsminütige, lamentogleiche „Sit fast“ gehört zu den absoluten Wunderwerken der Consortmusik des 16. Jahrhunderts – vorausgesetzt, es wird so dargeboten wie jetzt von Phantasm.

Guido Fischer, 20.01.2018


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