Archiv Produktion/Universal 477 5798
(78 Min., 10/2005) 1 CD
Kaum zu glauben, dass Marc Minkowski erst jetzt seine erste Mozarteinspielung vorlegt. Doch tatsächlich hatte der französische Alte-Musik-Wunderknabe bei seinem Weg vom Barock in die romantische Sinfonik diese Pflichtstation ausgelassen und hat stattdessen den Seitenweg über die Opern Glucks eingeschlagen. Die Auseinandersetzung mit der Orchestersprache und Affektgestaltung Glucks prägt auch den Blick, den Minkowski jetzt auf die beiden letzten Mozartsinfonien wirft: Nicht klassische Formstrenge und kammermusikalische Transparenz stehen im Vordergrund, sondern die Verschmelzung von sprechender, arioser Phrasierung und empfindsamer Klangmalerei. Gerade die langsamen Sätze wirken wie große Opernszenen - im Andante der g-moll-Sinfonie etwa schlägt Minkowski einen weit langsameren Grundpuls an als Harnoncourt oder Jos van Immerseel, beschwört mit weich abschattierten Streicherfarben jedoch eine sehr aparte melancholische Stimmung. Auch in den Ecksätzen setzt Minkowski weniger auf schroffe Dramatik als auf opernhafte Festlichkeit. Das Bassfundament seiner vergleichsweise üppig besetzten Musiciens du Louvre setzt keine granitenen Kanten, sondern sorgt für die Minkowski-übliche federnd-tänzerische Elastizität. Der ohnehin opernhafteren g-moll-Sinfonie und der als Puffer zwischen beiden Werken eingeschobenen "Idomeneo"-Ballettmusik kommt dieser Ansatz naturgemäß mehr entgegen als der "Jupiter"-Sinfonie, deren Kopfsatz Minkowski denn doch etwas zu gravitätisch nimmt. Dennoch: Zumindest Gluck hätte an dieser Aufnahme seine Freude gehabt.
Jörg Königsdorf, 11.08.2006
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