WDR Telos/Klassik Center TLS 047
(63 Min., 3/2000) 1 CD
Muss man alle Violinkonzerte Niccolò Paganinis auf CD präsentieren? Ingolf Turban meint ja, und er kann in seinem Beihefttext gewichtige Mit-Begeisterte anführen: Franz Schubert hörte im Adagio des zweiten Konzerts, das Paganini 1828 in Wien spielte, "einen Engel singen", und Grillparzer brachte seine Betroffenheit über Paganinis Können in Gedichtsform zum Ausdruck. Allerdings haben die beiden tatsächlich Paganini selbst erlebt ... Lässt sich das ohne Zweifel stark an Paganinis persönliche Anwesenheit gebundene Spektakel heute ohne Paganini und außerdem über einen Tonträger vermittelt noch nacherleben? Gewiss nur sehr bedingt. So tragen die langen Orchesterexpositionen der Kopfsätze der beiden hier vorgestellten Konzerte, die einst wohl die ersten Töne des Meisters hinauszögern sollten, heute nicht mehr so sehr zur Spannungssteigerung bei, entfaltet sich doch hier kein besonders aufregendes musikalisches Material. Und der Engel, den Schubert einst singen hörte, ist im fraglichen Mittelsatz wohl allenfalls bis in den Solopart vorgedrungen, der sich vor kaum jemals eigenständigem orchestralem Hintergrund nach dem Muster einer Bellini- oder Donizetti-Arie entfaltet. Da Ingolf Turban ein hervorragender Geiger ist, der mit schlankem, hellen Ton und brillanter Spieltechnik Paganinis durchaus faszinierende Schmankerln – Doppelgriffe, Flageolettzauber und Bogentricks – makellos und mitreißend zur Geltung bringt, hört man gern zu und freut sich immer, wenn’s wieder losgeht. Aber insgesamt lässt sich nur schwer der Eindruck verscheuchen, man habe es hier mit übermäßig aufgeblähten Virtuosenstückchen zu tun, deren innermusikalischer, struktureller Eigenwert recht begrenzt bleibt.
Michael Wersin, 13.08.2005
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