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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Franz Schubert

Lieder nach Mayrhofer, Goethe, Schiller, Bruchmann u.a.

Ian Bostridge, Julius Drake

EMI 5 57141 2
(67 Min., 9/2000) 1 CD

Schubert sei, so Ian Bostridge, sein sängerisches Erweckungs- und künstlerisches Rettungserlebnis gewesen - ohne ihn hätte er wohl die philosophische Laufbahn eingeschlagen und wissenschaftliche Zeilen statt Töne produziert. Man hört es gleich zu Beginn seiner zweiten Schubert-CD, in der wunderbar gelungenen "Dioskuren"-Eröffnung, mit welcher Akribie Bostridge sich hier um die frühromantischen Genie-Eingebungen Schuberts kümmert.
Gleichwohl: Nach einigen Kostproben zeigt sich die Zwiespältigkeit dieser Akribie. Zunächst fesselt die Stimme Bostridges - sie ist schlank, besitzt Schmelz und hat im Mittelregister melodramatischen Kern. Sollte für den legendären Fritz Wunderlich das Attribut des unbefangenen Naturburschen-Timbres halbwegs gestimmt haben, so gäbe es keinen größeren Gegensatz dazu als Bostridge: seine Zartheit ist eine höchst kultivierte, jede Note wird sorgsamst umhegt, mitunter geradezu umschmeichelt mit winzigem An- und Abschwellen. Gerade diese Kunst der Verfeinerung aber stört im Verlauf der dargebotenen Auswahl mehr und mehr.
Nicht nur ermüdet auf Dauer das Tremolo, auch wird deutlich, dass Bostridge in emphatischen Ausbrüchen (etwa in Mayrhofers "Auflösung" oder Goethes "Willkommen und Abschied") doch einiges fehlt, nicht nur an Höhenkraft: seine Stimme ist prädestiniert für das Elegische, das düster-Verhangene, nicht aber für den nackten Gewaltausbruch oder den heftigen, ungeschönten Schmerz. Mit anderen Worten: Schuberts ängstlich Liebender findet hier seine ebenbürtige Verkörperung, nicht aber der Zerrüttete, Verzweifelte, auch nicht der überschwänglich Glückliche. Von Fassettenreichtum, Ausdrucksvielfalt, kann man also bei Bostridge nicht sprechen.
Sein vorzüglicher, nuancenreicher Klavierpartner Julius Drake macht da einiges wett. Beim ihm wird auch das scheinbar unbedeutendste Nachspiel noch ein gewichtiges Schubert-Zeugnis.

Christoph Braun, 01.09.2007


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