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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Solo Piano

Sir Roland Hanna

Storyville/Fenn Music 1018388
(74 Min., 7/1974, 9/1974) 1 CD

Vielleicht war der 2002 verstorbene Sir Roland Hanna der am meisten unterschätzte Jazzpianist des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Nicht, dass es einem Musiker, der die Bands von Benny Goodman, Charles Mingus und Thad Jones – Mel Lewis bereicherte, an Meriten gefehlt hätte! Vergleichsweise unbemerkt pflegte er eine Kunst des Solospiels, die ihn als singuläre Erscheinung unter den Pianisten der Moderne ausweist: Er war ein Virtuose im Geiste eines Art Tatum, der sich auch an Duke Ellington (von dem er auf vorliegendem Album zwei Stücke spielt) geschult hatte und deren Klangsprache in die Moderne übertrug. Hanna stammte aus Detroit, jener Bop-Piano-Hochburg, die uns Hank Jones, Tommy Flanagan und Barry Harris geschenkt hat. Wie diese war er zwar vom Bebop geprägt; das war aber nur eine Fassette seines Spiels, das wesentlich vollgriffiger und in einem Tatumesken Sinne zweiarmiger war als das der Bebop-Pianisten. Das prädestinierte ihn freilich zum Solospiel. "Sir Elf" – er wurde 1970 von der Regierung Liberias geadelt – hatte allerdings erst 1973 sein erstes Soloalbum vorgelegt, was zur Zeit der Jazzrock-Hochblüte kaum Interesse wecken konnte. Die Aufnahmen des vorliegenden Albums entstanden 1974 zwanglos im Kreise von Freunden in einem französischen Haus. In dieser privaten Intimität und streckenweise im pianistischen Niveau (!) sind sie mit Art Tatums Privataufnahmen "20th Century Piano Genius" durchaus vergleichbar, nur eben, dass Nebengeräusche weitgehend ausbleiben.
Das Album stellt auch mit zwei Stücken unter Beweis (darunter die Ballade "Perugia", ein lyrisches Kleinod), dass Hanna auch zu den unterschätzten Komponisten des Jazz gehört. Hannas Kompositionen und seine Anschlagskultur verraten sein mehr als peripheres Interesse an klassischer Musik. (Er war ein Hobby-Cellist, der jeden Morgen mit einer Cello-Suite Bachs begrüßte) Sein Schwelgen im Wohlklang und die reiche Ornamentik seines Spiels sind schuld daran, wenn er bei oberflächlichem Hinhören mit einem brillanten Cocktailpianisten verwechselt werden kann. Überhaupt vereinte Roland Hanna verschiedene musikalische Welten. Er verfügte über vergessene Techniken der alten Stride-Pianisten, konnte Reißer wie "Stompin’ At The Savoy" zum Swingen bringen wie kein Zweiter, dann wieder an Claude Debussy, Thelonious Monk erinnern oder an Erroll Garner, dessen Vorliebe er teilte, das interpretierte Stück erst nach langen Einleitungen erkennbar vorzustellen. Der Pianist der glasklaren Töne war ein unverwechselbares Original, dessen in jeder Hinsicht meisterhaftes Klavierspiel eine Entdeckung lohnt.

Marcus A. Woelfle, 01.09.2007


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