Die Jazz-Szene in Italien gehört zu den lebendigsten in Europa, doch ihre Vertreter sind bei uns bis auf wenige Ausnahmen weitgehend unbekannt. Das kleine yvp-Label kämpft schon seit Jahrzehnten gegen diese Unkenntnis. Unsere Nachbarn sind besonders mit spannenden Pianisten gesegnet; man denke an Franco D’Andrea und vor allem Enrico Pieranunzi. Gerade letzterer hat die Stilistik eines Bill Evans zu einem ganz eigenen europäischen Personalstil weiterentwickelt. Seine Meisterschülerin Stefania Tallini schickt sich nun an, sich zu emanzipieren, und was sie mit ihrem CD-Debüt vorlegt, ist in der Tat ein Versprechen auf ein New Life, auf einen neuen Star am Klavierhimmel. Zwar ist ihr Spiel immer noch von der Lyrik eines Bill Evans beseelt, doch der drückt sich bei ihr durchaus vital aus, hat etwas von der mitunter kargen Bestimmtheit einer Marilyn Crispell oder eines Marc Copland. In ihren prägnanten Kompositionen wird diese Bestimmtheit besonders schön deutlich. Auf einem knappen Drittel der Titel wird ihr Trio durch Gäste ergänzt. Da deuten sich weitere Möglichkeiten an; doch zunächst hat die Dame durchaus die Potenz, im Trio zu überzeugen, zumal dann, wenn ihre Mitspieler nicht nur adäquate Begleiter, sondern kongeniale und auch fordernde Partner von Rang und Namen sein werden.
Thomas Fitterling, 01.09.2007
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