Der Altsaxofonist Phil Woods gilt als Bebop-Urgestein, obschon er mit 75 Jahren zu der zweiten Generation der Bopper gehört, zu jenen Musikern, die den modernen Jazz als Erbe und Verpflichtung verinnerlicht und ihr Handwerk durch eine Hochschulausbildung perfektioniert haben. Seit über zehn Jahren leitet er ein Quintett in unveränderter Besetzung. Wer könnte berufener sein als dieser begnadete Virtuose des Melodischen, die Weisen des Great American Songbooks zu interpretieren? Für "American Songbook II", der zweiten CD dieses Unternehmens, hat er neben klassischen Standards auch weniger häufig gehörte Titel ausgewählt. Man spürt, dass die Musiker einen erlebten Zugang zu diesem Material haben und es nicht lediglich aus Themensammlungen kennen. Die Arrangements, die mit Finesse die klassische Quintettstilistik nutzen, sind abwechslungsreich und weisen jedem Ensemblemitglied eine tragende Rolle zu. Der Trompeter Brian Lynch strahlt lakonisch, ohne das Metallische zu forcieren, Pianist Bill Charlap vermittelt mit nonchalanter Sophistication zwischen dem Blechbläser und den überbordenden Linien des Saxofons. Schön, dass kurze Drumbeiträge hier noch nicht tabu sind; organisch und geschmackssicher befördern Bill Goodwins Breaks den musikalischen Fluss. Mit dieser Authentizität, lockeren Eleganz und zeitlosen Überzeugungskraft vermag heutzutage kaum eine andere Formation klassischen Modern Jazz zu spielen.

Thomas Fitterling, 01.09.2007

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