home

N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



Responsive image mb-5

Aria

Grover Washington Jr.

Sony BMG 5 099706 186427
(59 Min., 5/1999, 8/1999) 1 CD

Am 17. Dezember 1999 erlag Grover Washington in New York kurz nach Aufnahmen zu einer Show einem Herzinfarkt. Obwohl der soulige Saxofonist eher kommerzieller Popmusiker war, repräsentierte er für viele Saxofon und Jazz schlechthin, berührte er doch mit seiner einschmeichelnden Musik all jene, denen zeitgenössischer Jazz ein Buch mit sieben Siegeln schien.
Den Auftrag, das letzte Album Grover Washington zu rezensieren, habe ich nicht gerade freudigen Herzens angenommen. Ich befürchtete, seine CD mit Opernarien würde all dem bislang von ihm produzierten Kitsch die Krone aufsetzen. Dennoch galt für mich schon immer der lateinische Grundsatz „De mortuis nil nisi bene“. Eine Aufforderung, die wohlgemerkt nicht bedeutet, über Verstorbene nur Gutes zu bemerken, sondern gut, also würdevoll über sie sprechen.
Gottlob ist „Aria“, wenn man weder nach engen Kriterien der Klassik- oder Jazz-Gemeinden urteilt, ein würdiger Abschluss von Grover Washingtons Karriere. Er, der zu Beginn seiner Laufbahn klassische Musik studiert hat, erfüllte sich mit diesem Album einen tiefen Wunsch und kehrte zu seinen Anfängen zurück. Der Respekt und die Liebe, die er vor den Opern Puccinis, Bizets, Massenets, Giordanos und Gershwins „Porgy And Bess“ hegte, haben sich jedem Ton eingeprägt. Mit kultiviertem, samtigem, verhaltenem, doch warmem Sound - stellenweise nähert er sich tatsächlich der „amtlichen“ Tonbildung für klassische Saxofonisten - lotet er das Jazzpotenzial seiner Vorlagen, aus, ohne ihnen oder dem Jazz Zwang anzutun.
Von dezent assistierenden Jazzern wie dem Pianisten Billy Childs und dem Bassisten Ron Carter unterstützt, findet Washington zwischen Sopran, Alt, Tenor und Bariton (!) wechselnd zu bewegenden Wendungen. Selbst die Arrangements Robert Freedmans, auf halber Strecke zwischen Gil Evans und Hollywood, enthalten sich allzu gezielter Angriffe auf die Tränendrüse, und das bei stark dazu verlockendem Repertoire. Ja, wo Puccini, der die Hälfte dieser Arien komponierte, in heftige Leidenschaft ausbricht („E lucevan le stelle“), verteilen Washington und Freedman bittersüße Streicheleinheiten. Für Puristen ist das sicherlich entbehrlich, für Freunde gepflegten Crossovers aber ein Meilenstein.

Marcus A. Woelfle, 01.09.2007


Diese CD können Sie kaufen bei:

Als JPC- und Amazon-Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen



Kommentare

Kommentar posten

Für diese Rezension gibt es noch keine Kommentare.


Abo

Top