Selbst eingefleischte Miles-Davis-Fans beschlich in den letzten Lebensjahren des „schwarzen Prinzen“ angesichts der alljährlichen Tournee-Rituale nostalgische Beklemmung. Begeistert hatten sie sein Comeback mitgefeiert und akzeptiert, daß er an seine Fusion-Vergangenheit anknüpfte, spielte er doch wieder seine Trompete ohne die selbstverleugnenden Verfremdungen der siebziger Jahre mit diesem magischen Ton, der süchtig macht. Doch die Magie der Einmaligkeit verlor zunehmend an Ausstrahlung in den ständig sich wiederholenden und von den Medien satt verbreiteten Auftritten. Schließlich blieb auch nicht verborgen, daß Davis vor technischen Schwächen nicht gefeit war. Und dabei war es doch die Magie seines Trompetensounds, die diese verzaubernde Anverwandlung des häufig eher simplen harmonisch-melodischen Ausgangsmaterials erst möglich machte. Da ist es schon fast sensationell, wenn jetzt, fünf Jahre nach Davis’ Tod, eine CD mit Live-Aufnahmen aus dessen drei letzten Lebensjahren erscheint, die alle Beklemmung in Glückseligkeit wendet: Davis verwandelt hier mit höchster Inspiration und makelloser Technik triviale Ohrwürmer in meisterliche Miniaturen, und das mit einer Vitalität, die etwa die Studioversion eines „Time After Time“ vergessen macht.
Thomas Fitterling, 01.04.1996
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