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N° 1353
13. - 23.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



Darauf hat die Welt gewartet: Andrea Bocelli als Verdis Troubadour. Eine phänomenale Aufnahme. Weil sie uns das Phänomen des modernen Marketing vorführt. Das funktioniert so: Man benutze, (Stufe 1!) die Boulevardpresse und das Fernsehen, um den Millionen, die keine Ahnung von, kein Interesse an, Vorurteile gegen oder Schwellenangst vor Oper haben, einzutrichtern, dass diese Kunstform gar nicht so schlimm sei. Dass es da ganz viele eingängige Melodien gäbe. Dass Oper eigentlich Pop sei. Nur eben klassisch. Klassik-Pop.
Stufe 2: Man nehme einen blinden Tenor, setze voll auf die Mitleidsschiene und rede den Millionen ein, dass dieser Mann eine Weltklasse-Stimme besitze. Und schon klingelt die Kasse. Woher soll die Zielgruppe dieser Marketingmasche wissen, dass er in der wirklichen Opernwelt mit sehr viel Glück allenfalls eine Chance an einem Provinztheater hätte?
Erstaunlich dennoch, dass die Decca in Gesamtaufnahmen mit Bocelli investiert. Kein Mensch, der auch nur peripher etwas von Oper versteht, wird diesen "Trovatore" kaufen. Und die Zielgruppe greift im Zweifelsfall vermutlich lieber zum Arien-Album, als sich gleich eine komplette Oper zuzumuten. Um Bocelli herum, der hier durchweg technisch ausgebessert klingt, hören wir, was ungefähr dem Repertoire-Alltag an größeren Häusern entspricht. Dabei sind Veronica Vilarroel, Elena Zaremba und Carlo Guelfi im Gegensatz zum Tenore immerhin ernst zu nehmen. Was kommt als nächstes? Bocelli als Otello? Kein Problem. Solange die Tontechniker nicht streiken.

Jochen Breiholz, 01.09.2007


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