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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Ludwig van Beethoven, Bedřich Smetana

Václav Neumann In Rehearsal

Orchester des SWR, Václav Neumann

Arthaus/Naxos 101 059
(99 Min., 1968, 1969)

Dirigenten können richtige Ekelpakete sein, wenn sie ihre wilden Dompteur- und Despotenallüren haben. Es gibt aber auch noch die anderen, die das Orchester nicht knechten, sondern partnerschaftlich umarmen. So ein sympathischer Zeitgenosse war zweifelsfrei der Tscheche Václav Neumann. Statt die Musiker bei den Orchesterproben von Oben herab mit auffordernden Blicken und belehrendem Taktstockspieß zu durchbohren, wählte er lieber die kollegial animierende Variante des "Seien Sie so nett …". Und weil Neumann wusste, dass jede einzelne Instrumentengruppe auch schon mal ihre Streicheleinheiten braucht, sparte er weder mit seinem einnehmenden Lächeln noch mit aufmunterndem Lob. "Mein Herz hat sich gefreut. Ich fühle mich wie zuhause", gesteht er dann. Nachdem das Südfunk-Sinfonieorchester in Smetanas Ouvertüre "Die verkaufte Braut" seiner Bitte nachgekommen ist, doch "so lieb wie möglich zu singen". Zwischendurch hat Neumann mit seinem böhmisch eingefärbten Deutsch auch noch musikgeschichtlich Erhellendes zu sagen. Über das Substrat und die Mahler’sche Aufführungspraxis von Beethovens dritter Leonoren-Ouvertüre etwa. Wobei er nie pädagogisch besserwisserisch daherkommt, sondern seine Überlegungen vielmehr einladend als bedenkenswerten Vorschlag formuliert.
Ende der 1960er Jahre sind diese Sternstunden entstanden. Als Neumann neben seinem Chefposten bei der Tschechischen Philharmonie die Stelle des GMD am Württembergischen Staatstheater Stuttgart antreten sollte. Und wenngleich die endgültigen Resultate jeweils auch in Gänze und unter Konzertbedingungen aufgezeichnet wurden, will man diesem Dirigenten alten Schlags einfach nur stundenlang bei der Probe der beiden Ouvertüren-Hits zuhören und zusehen. Wie Neumann akribisch und inspirierend zu Werke geht. Wie er nie seinen Charme und seinen Humor verliert. Wie er musikalische Erzählkunst organisch entwickeln lässt. Von einem Orchester, dass seinem Freund & Meister Neumann aufs Wort folgt. Auch wenn sich die Musiker in den Schwarz-Weiß-Aufnahmen dabei äußerlich merkwürdig zugeknöpft, gar stoffelig ernst zeigen – mit ihrem sensiblen und natürlich liebevollen Spiel haben sie Neumann mehr als zufrieden gestellt.

Guido Fischer, 10.11.2007


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