2004 kehrte der italienische Trompeter Enrico Rava mit seiner wunderbar sanftmütigen Aufnahme "Easy Living" nach 18-jähriger Abwesenheit in den Schoß der ECM-Familie zurück. Ganz dem verhalten-tiefgründelnden Klangideal des Münchner Edeljazz-Labels verpflichtet beginnt auch das neue Album des Bläsers. Gershwins "The Man I Love" wird da von Rava ganz nach klassischer Miles-Davis-Art interpretiert, vibratolos, ökonomisch, mit diesen charakteristisch angeschliffenen Tönen. Pianist Stefano Bollani liefert dazu stille Bill-Evans-Tupfer, Schlagzeuger Paul Motian kehrt mit den Besen vorsichtig das gefallene Ton-Laub zusammen.
Natürlich: Dieses ungewöhnlich besetzte Trio ist geradezu prädestiniert für Kammermusik, wird einem im Laufe der folgenden fünf Titel klar, unter denen sich unter anderem eine Arienbearbeitung aus Puccinis "Tosca" befindet. Aber dann kippt unversehens die Stimmung um. In Ravas "Mirrors" begehrt die Trompete mit heiserem Meckern auf, um in Motians "Fantasm" kurze Zeit später unfassbar-überirdische Obertonfalsettschreie von sich zu geben. Als Höhepunkt dieser Hallo-wach-Phase und des Tonträgers allgemein muss die zwischen Ornette Coleman und Charlie Parker, zwischen New Orleans und New York hin und her wogende Nummer "Cornettology" genannt werden. In ihrer skurrilen Schwermutsverarbeitung gemahnt sie in der Tat an Jacques Tati. Und ist somit das wahre Titelstück der CD. Sagen wir es mal so: Beschrieb "Easy Living" noch die Schönheit des Seins, so befasst sich "Tati" nun mit dessen unerträglicher Leichtigkeit.
Josef Engels, 01.09.2007
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