Brillant Classics/Foreign Music MMK93358
(179 Min., 1992) 3 CDs
Eine hämische Bemerkung Mozarts ("reiner Mechanikus ohne einen Pfennig Gefühl") und ein ganzer Schwung pädagogischer Klaviermusik haben gereicht, um den Nachruhm Muzio Clementis gründlich zu verderben. Dass der 1752 geborene Italiener neben Beethoven als einer der wichtigen Komponisten seiner Epoche gelten muss, ist bis heute trotz der Missionstätigkeit von Interpreten wie Vladimir Horowitz nicht ins allgemeine Bewusstsein gedrungen. Daran, dass seine vier späten Sinfonien unbekannt geblieben sind, ist der Meister allerdings selbst schuld: Statt sie in Druck zu geben, feilte er über Jahre an den handschriftlichen Partituren, die nach seinem Tod in alle Winde verstreut wurden. Von den beiden Einspielungen, die nach der Neuausgabe in den 70er Jahren entstanden, ist die nun vom Budgetlabel Brillant Classics wieder aufgelegte unter Francesco D’Avalos nicht nur um einige Nebenwerke reicher, sondern auch eindeutig die bessere. Im Vergleich zur milde disponierten Konkurrenzaufnahme mit Claudio Scimone (ebenfalls mit dem Londoner Philharmonia Orchestra) hat D’Avalos mehr Biss und ein besseres Gespür für sinfonische Tiefenstaffelung. Die geringfügig rascheren Tempi betonen Clementis klassischen Formsinn und machen die Bezüge zu den Vorbildern deutlich. Im Kopfsatz der ersten herrscht der gleiche Überdruck wie beim jungen Beethoven, der prachtvolle Variationssatz der dritten könnte fast aus Haydns Londoner Sinfonien stammen. Das letzte Wort in Sachen Clementi ist damit aber hoffentlich noch nicht gesprochen: Beide Aufnahmen leiden unter einer zu großen Besetzung und einem halligen Klangbild, die dichten Texturen Clementis klingen in den Tutti oft kloßig, die Balance kippt oft zu Lasten der Bläserstimmen. Eindeutig ein Fall für John Eliot Gardiner oder Marc Minkowski.
Jörg Königsdorf, 30.06.2007
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