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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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All The Things You Are

Dave Brubeck

Dreyfus FDM 36781-2
(69 Min., 2/1953 - 3/1954) 1 CD

Das klassische Dave Brubeck Quartet mit dem Altisten Paul Desmond gehört, spätestens seit "Take Five", zu den beliebtesten Jazzformationen. Leider hat der Hit und was ihm folgte all die feinen Aufnahmen fast vergessen gemacht, die die Gruppe einige Jahre zuvor einspielte. "All the Things You Are" ist eine Zusammenstellung aus Livemitschnitten der Jahre 1953 und 1954: Diese Konzerte wurden im Oberlin College, dem College of the Pacific und der University of Cincinnati gegeben. Ähnlich wie beim Modern Jazz Quartet öffnete das Dave Brubeck Quartet in dieser Zeit bei jenen Hörern das Herz für Jazz, die weder mit dem Bebop noch mit dem Dixie-Revival viel anfangen konnten, aber von der klassischen Musik geprägt waren. In Colleges und High Schools fanden sie daher eine besonders aufgeschlossene Hörerschaft, was aber zur Zeit dieser Aufnahmen eine noch ganz neue Tendenz war. Vor ihrem Auftritt im Oberlin College am 2. März 1953 erklärte man den Musikern, sie würden es mit einer sehr schwierigen Hörerschaft zu tun haben, die vom Jazz nichts verstünde. Doch gerade hier, vor einem Publikum, das mit Bach, Bartók & Co vertraut war, kam Brubeck bestens an: "Perdido" geriet zweifellos zu einer ihrer swingendsten Aufnahmen: da scheinen vier Herzen gleichzeitig zu schlagen, vier Lungen gleichzeitig zu atmen. Paul Desmond überwältigte das Publikum mit seinen luziden Einfällen und verbeugte sich kurz vor Schluss nach kontrapunktischen Passagen mit einem Zitat von Strawinsky.
Neun Monate nach dem Oberlin-Erfolg erlebte Brubeck am College of the Pacific ein triumphales Comeback an seiner früheren Ausbildungsstätte, wo ihm, vielleicht sogar als erstem Jazzpianisten überhaupt bei einer Aufnahme, ein Bösendorfer-Flügel zur Verfügung stand. Unübertroffen Brubecks und Desmonds Meisterschaft im Zitieren: Im leichtfüßig swingenden "I’ll Never Smile Again" lotet Desmond den Song elegant aus, Brubeck zeigt sich wieder experimentierfreudig, scheint auf den 4/4-Takt Walzer tanzen zu wollen. An den emotionalen Höhepunkt der Interpretation, sein Zitat des Songs "Fools Rush in" schließt sich eine intime Zwiesprache der Solisten an, die mit einem witzigen Taboo-Zitat schließt. Die harmonische und melodische Geistesverwandtschaft mit der von Brubeck so geliebten Barockmusik machte "All the Things You Are" zu einem Lieblingsstück der Cool Jazzer. Diese Aufnahme des Standards gehört neben den Versionen von Charlie Parker und Coleman Hawkins zu den gelungensten.
Diese Zusammenstellung ist ein guter Einstieg in Brubecks Schaffen jener Zeit. Man wird nach diesen Ausschnitten die Konzert in ihrer Gesamtheit hören wollen, was dank entsprechender Veröffentlichungen auf Fantasy (Original Jazz Classics) auch leicht möglich ist.

Marcus A. Woelfle, 01.09.2007


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