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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Come Dream With Me

Jane Monheit

N-coded Music/Edel 0127942
(53 Min., 1/2001, 2/2001) 1 CD

Die einen feiern sie als große Entdeckung, mindestens als zweite Ella. Die anderen behaupteten, die dreiundzwanzigjährige Dame verdanke ihren Erfolg nur ihrer Attraktivität. Ohne Jane Monheit je gehört oder gesehen zu haben, verfolgte ich bislang amüsiert das Hin und Her der Urteile und Vorurteile. Ich hoffte, sie nie besprechen zu müssen, um meine kleine Wissenslücke weiter kultivieren zu können. Warum wünscht sich Otto Normalhörer als Sängerin eine hübsche Frau? Warum misstraut der Kritiker den Schönen? Nun hat mir mein Redakteur boshafterweise die CD geschickt, die ich mir verbeten hatte.
Zunächst lasse ich das Cover auf mich wirken. Ich empfinde Jane Monheits vermeintliche Attraktivität als eine typisch amerikanische Art herausgeputzter, niedlicher Hübschheit, hinter der ich eine Mischung aus vorgetäuschter Unschuld und Arroganz vermute. Ich versuche, mich von diesem Eindruck nicht beeinflussen zu lassen, kann jedoch nicht umhin festzustellen, dass sie genau so adrett singt, wie sie aussieht. Ich lege das Album zufällig nach Ella Fitzgerald auf.
Trotz dieses für 95 Prozent aller Sängerinnen tödlichen Vergleichs stellt sich heraus, dass Jane Monheit wirklich hochbegabt ist. Rein mundwerklich ist sie den meisten jungen Kolleginnen überlegen: Intonation, Tempo, Phrasierung, Arrangement und alle möglichen anderen Parameter sitzen tadellos. Doch ihre an Glätte grenzende Makellosigkeit lässt mich kalt: ich spüre (zumal nach Ellas natürlicher Wärme) noch etwas Affektiertes in ihrer Stimme. Die gescheite Sängerin lässt sich zu nichts verleiten, das nicht zu ihrem Stimmtyp passt oder ihre Grenzen überschreitet. Es sind Grenzen des Stimmvolumens und, was stärker ins Gewicht fällt, der Ausdruckstiefe.
Jane Monheits Musik wirkt wie aus zweiter Hand – nicht weil ihre Songs schon seit Jahrzehnten Standards sind, sondern weil noch so wenig eigenes Erleben eingeflossen ist. Jane Monheit lebt in der fein abgezirkelten Sphäre gepflegter Mainstream-Eleganz, die sich Ella hart erarbeitet und mit pulsierendem Leben erfüllt hat, bei Monheit aber blutarmer Dekor ohne Bezug zu eigener Empfindungswelt ist. Sie hat das Zeug zur großen Karriere, doch wäre es völlig verfehlt, Jane Monheit mit Ella, Billie & Co., wie nun schon so oft geschehen ist, in eine Reihe zu stellen. Was bei jenen noch von existentieller Dringlichkeit zeugte, ist beim Jungstar im augenblicklichen Stadium kaum mehr als Attitüde. Zu inszenieren weiß sich die stilistisch Konservative jetzt schon. Ihre Stimme erscheint da schon mal zum Chor vervielfacht oder wird von lieblichen Geigen untermalt; auch das treffliche Kenny-Barron-Trio und Starsolisten wie Michael Brecker und Tom Harrell geben dafür den Rahmen ab. Ohne ihr den Blues an den Hals zu wünschen: Vielleicht bringt ja das Leben die für ihre Musik so nötigen Erfahrungen.

Marcus A. Woelfle, 01.09.2007


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