Gleich vorweg: Schon lange hat mich keine Neuerscheinung so restlos begeistert! Der siebenunddreißigjährigen Amerikanerin Tierney Sutton kann man nicht gerade übertriebene Medienpräsenz vorwerfen: Diese überaus sorgfältig produzierte Aufnahme, die sie mit handverlesenen, um den Pianisten Christian Jacob gruppierten Solisten realisierte, ist erst ihre zweite unter eigenem Namen. Dadurch hatte sie wirklich Zeit, sich ihrer Mittel und Möglichkeiten vollends bewusst zu werden und darüber nachzudenken, worauf sie sie verwenden möchte. Hier befasst sie sich mit Jazzstandards, die überwiegend in instrumentaler Form bekannt sind - daher "ungesungen".
Die zweite Bedeutung von "unsung" - "unbesungen" - lässt sich auf die Herren Gillespie, Herman, Henderson, Parker & Co. schwerlich anwenden; es ist Frau Sutton selber, der ein Loblied gebührt. Auch sie verweist auf die üblichen Vorbilder - der Scatgesang wurde schließlich nicht letzte Woche erfunden. Aber nicht bloß, dass Tierney Sutton sich einige der denkbar haarigsten Titel ausgesucht hat - bei Shorters beeindruckend gemeisterten "Speak No Evil" gelangt selbst sie an ihre Grenzen -, sie achtet im Improvisationsteil stets darauf, dass auch ästhetisch überzeugt, was sie mit ihrem völlig instrumental behandelten, bis in die Altregion erweiterten Sopran anstellt.
Tierney Sutton führt ihre Stimme nicht nur mit größter technischer Sicherheit, bei ihrem Klang, der den Kriterien klassischer Schönheit gehorcht, habe ich mir gedacht: So könnten sich die Sirenen in Odysseus' Ohren angehört haben.
Mátyás Kiss, 01.09.2007
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