Es ist schwer, über den Altsaxofonisten Charlie Mariano zu schreiben, ohne ihn als lebende Legende zu bezeichnen. Bekannt geworden ist er als Solist mit Größen des Westcoast Jazz; er hat darauf mit Charles Mingus gespielt und sich dann mit Jazzrock beschäftigt, hat in Indien gelebt und Weltmusik praktiziert, noch bevor es den Begriff gab; wurde in Europa ansässig und ist Gründungsmitglied des United Jazz and Rock Ensembles.
Und doch gibt es von ihm nur wenige Einspielungen als Leader. Jetzt ist er mit dem Bassisten Dieter Ilg, dem amerikanischen Gitarristen Vic Juris und dem Schlagzeuger Jeff Hirshfield ins Studio gegangen. In offener Quartettkonzeption, doch durchaus dem harmonischen Ideal des Bebop verpflichtet, spielt das Quartett ein abwechslungsreiches Programm von Originals, das ganz auf Marianos einmaligen Saxofonton abgestimmt ist, den jemand einmal treffend als tröstend-traurig bezeichnet hat.
Vordergründig Jazzrockendes wird weitgehend gemieden. Schwerpunkt ist eine herrlich frei angelegte kollektive “Climate Suite” mit den Jahreszeiten als Satzbezeichnungen. Ein unprätentiöseres, schöneres Geschenk hätte Charlie Mariano sich und uns zu seinem fünfundsiebzigsten Geburtstag kaum machen können.

Thomas Fitterling, 01.09.2007

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