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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Tango para Charlie

Charlie Mariano, Quique Sinesi

Enja/Helikon Harmonia Mundi 7 67522 91282 1
(58 Min., 10/2000) 1 CD

Charlie Mariano, der siebenundsiebzigjährige Saxofonist aus Boston, begann einst seine Karriere als stilistischer Nachfolger Charlie Parkers und musizierte vor einem halben Jahrhundert im West-Coast-Sound. In den sechziger Jahren folgten ausgedehnte Asienaufenthalte und, damit zusammenhängend, Vertiefung in östliche Geistigkeit und Musiziertraditionen. Seit dreißig Jahren lebt Mariano in Europa, wo er als Mitglied des United Jazz & Rock Ensembles große Popularität erntete und mit so ziemlich jedem von Konstantin Wecker bis Rabih Abou-Khalil musiziert hat. Musikalischen Stillstand kennt er nicht.
Nun also Tango? Wer sich noch an die Tango-Welle der neunziger Jahre erinnert, mag jetzt aufschreien: schon wieder? Warum nicht? Jeder, der Marianos ebenso leidenschaftliche wie sensibel-lyrische Spielweise kennt, kann sich bestens vorstellen, dass es berührend und aufrichtig klingen wird. Sein Duo-Partner Quique Sinesi, der mit Größen wie Dino Saluzzi und Piazzollas Pianist Pablo Ziegler musiziert hat, ist ein "richtiger argentinischer Tango-Gitarrist", brüstet sich in seinem Spiel auf der siebensaitigen spanischen Gitarre damit aber nicht. Man hört klassische Zupfkultur heraus, die Klänge anderer lateinamerikanischer Länder und natürlich Jazz haben hier ganz natürlich zusammengefunden.
Sinesi, der zwei Drittel der Kompositionen beigetragen hat (die übrigen stammen von Mariano), wirkt im Zusammenspiel als der coolere Partner. Er gibt zwar die Richtung vor, legt die Schienen, doch Mariano lenkt die Lok und lässt prächtige Rauchzeichen aufsteigen. Mariano besitzt die Gabe, durchgehend auf einem Intensitätsniveau zu spielen, das andere Saxofonisten oft nur bei Höhepunkten erreichen. Mit Lautstärke hat dies nichts zu tun. Selbst wenn er seinen Ofen auf Sparflamme einstellt, kocht er. Unbeteiligt kann ein Mariano nicht musizieren. Deswegen ist es auch schon fast egal, was er spielt. Man hört ihm fasziniert zu. Stücke, die, von anderen gespielt, nur sympathische, bald vergessene Nettigkeiten wären - einiges auf diesem Album gehört in diese Kategorie -, verwandelt er durch seine Expressivität in Seelennahrung.

Marcus A. Woelfle, 01.09.2007


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