Filmmusik als atmosphärischer Hintergrund, das ist eine Sache. Filmmusik als Bestandteil eines Gesamtkunstwerks eine andere. Ob die beste ihrer Gattung aber auch für sich bestehen kann? Wer auch nur einmal einen Film wie "Der Leopard" ("Il gattopardo") von Luchino Visconti gesehen hat, dem wird sich die Musik aus der fast einstündigen Ballsequenz unvergesslich als Abgesang auf eine untergehende aristokratische Gesellschaft des 19. Jahrhunderts eingegraben haben. (Die übrige Musik zum "Leopard" ist hier nicht mit aufgenommen.)
Viele große italienische Regisseure des vergangenen Jahrhunderts (und auch ein paar aus Hollywood) griffen auf den genialen Filmmusiker Nino Rota zurück, Fellini gar ist ohne Rota undenkbar. Man mag über den "absoluten" musikalischen Wert bei einigen Nummern zu "La strada" diskutieren. Vielleicht braucht man hier durchaus die Filmbilder im Kopf, um der Musik ihren Stellenwert zuweisen zu können, denn das zirkushaft Unterhaltende, das die Musik zwangsläufig darstellt, ist von sich aus eher dürftig an Substanz. Tragische Momente dagegen lassen die suggestive Kraft der Kompositionen Rotas deutlich werden - eine Musik, die formal für sich genommen manchmal sinnlos wirkt, doch zum Film eine unglaubliche Bildhaftigkeit vermittelt.
Zudem ist auf dieser CD noch das "Concerto Soirée", ein Klavierkonzert Rotas mit dem Pianisten Benedetto Lupo eingespielt - Rota hat durchaus nicht nur fürs Kino komponiert, wenn auch der Gedanke an Filmmusik auch hier den Zuhörer nicht verlässt. Solist und Orchester unter der Leitung von Josep Pons zeigen sich in brillantem Ton - eine ungleich bessere Qualität, als die, die damals auf den originalen Soundtracks aufgenommen wurde, technisch wie musikalisch. Vielleicht aber an einigen Stellen schon wieder zu schön, um wahr zu sein.

Matthias Reisner, 01.09.2007

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