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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Edmund Rubbra

Sinfonien Nr. 1 bis 11

BBC National Orchestra of Wales, Richard Hickox u.a.

Chandos/Koch 0 95115 99442 9
(1993 - 1998) 5 CDs

Im Mai dieses Jahres wäre der englische Sinfoniker Edmund Rubbra hundert Jahre alt geworden. Dass die Musik des 1986 verstorbenen Rubbra überhaupt noch aufgeführt und aufgenommen wird, dass jetzt seine elf Sinfonien erstmals gesammelt greifbar sind, muss in einer Zeit, in der auch in der Musik fast nur noch auf Oberflächenreize reagiert wird, ebenso verwundern wie erfreuen.
Rubbra war einer der großen Introvertierten, wie man sie hauptsächlich außerhalb der Zentren findet, in denen Trends fabriziert werden. Für seine Musik zu werben ist ebenso schwierig, wie es am Anfang ist, sie zu hören. Man kommt nicht umhin, solche Eigenschaften zu erwähnen, die heute höchstens noch als bürgerliche Sekundärtugenden gelten. Wenn ich hier Lobeshymnen über Rubbras meisterliche Beherrschung des Kontrapunkts anstimmte, seine gänzlich uneitle, jedem Effekt abholde Instrumentation und sein völliges Desinteresse an Moden wie an Sensationen - würden sich da nicht die meisten Leser gelangweilt abwenden? Und doch sind es genau jene Tugenden, welche die Qualität von Rubbras Musik ausmachen. Plus kompositorischem Genie natürlich, denn die Beherrschung des Kontrapunkts allein macht noch keinen guten Komponisten aus.
Rubbras Sinfonien sind ökonomisch und genuin sinfonisch gearbeitet, auch wenn der Komponist in jedem Werk einen völlig neuen Zugang zur Handhabung der Form findet - es gibt beinahe alles von der klassischen Viersätzigkeit zur einsätzigen "Taschensinfonie" von gerade einmal einer Viertelstunde Spieldauer. Meist ist eine kleine motivische Keimzelle der Ausgangspunkt, der alles speist, aus dem sich alles entwickelt. Eine gewisse Schwerblütigkeit sowohl im motivischen Fluss als auch in der Instrumentation macht den Zugang insbesondere zu den frühen Sinfonien nicht einfach. Diese Musik gibt ihre Geheimnisse nicht sofort preis – aber ebensowenig nutzt sich ihre Substanz jemals ab: Es ist Qualitätssinfonik mit Langzeitwirkung.
Wer Rubbras Musik kennenlernen möchte, sollte mit der Sinfonie Nummer 8 beginnen; sie ist eingängiger und sinnlicher als die früheren Sinfonien; die Instrumentation ist für Rubbras Verhältnisse von geradezu exotischer Üppigkeit. Sehr interessant sind auch die kurzen, beinahe kammermusikalischen Sinfonien 10 und 11, in denen Rubbra alle formalen Konventionen über Bord wirft, und eine Konzentration und Dichte erreicht, die an den späten Sibelius gemahnt; diese Musik atmet Höhenluft.
Sicherlich sind von der einen oder anderen Sinfonie Interpretationen vorstellbar - und zum Teil auch vorhanden -, die Rubbras sinfonische Visionen noch packender und unmittelbarer realisieren. Meist aber findet Richard Hickox zu einer ebenso idiomatischen wie dramaturgisch überzeugenden Umsetzung dieser scheinbar so spröden, aber letztlich so lohnenden Werke.

Thomas Schulz, 01.09.2007


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