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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



Igor Strawinsky

Petruschka (Fassung von 1911), Chant du Rossignol (Gesang der Nachtigall), Feuerwerk (Feu d'artifice)

Wiener Philharmoniker, Lorin Maazel

RCA/BMG 74321-57127-2
(3/1998)

Ein wohlerzogener „Petruschka“ mit Wiener Akzent. Da sitzt alles am rechten Fleck und die Klavier- und Bläsersoli kommen, wie erwartet, technisch brillant und makellos. Trotzdem geht die Interpretation am Geist dieses russischsten und auch dramatischsten aller Strawinsky-Ballette vorbei. Nicht nur scheinen sich die Interpreten wenig für den ausgelassen-derben Jahrmarktstrubel zu interessieren, der den Hintergrund der Handlung bildet, auch setzen sie nur unzureichend um, dass sich in den vier Sätzen des Werks eine Entwicklung vollzieht: Petruschka, die Holzpuppe, entdeckt ihre Gefühle für die schöne Tänzerin, erwacht durch diese Gefühle zum Leben, wird von seinem Rivalen, dem stupiden Mohren, verfolgt und getötet und erscheint in den letzten Takten als Geist: der Hampelmann verwandelt sich in ein Wesen mit Seele.
All dies wird hier in keinem Takt deutlich; wir vernehmen bloß ein Kaleidoskop von Farben, eine Abfolge von volkstümlichen Tänzen und skurrilen Gesten – in zuverlässiger, gesetzter, letztlich langweiliger Darbietung. Wer wissen will, wie viel Leben in der Partitur steckt, der greife zu Pierre Monteux (ebenfalls RCA) oder Leonard Bernstein (Sony). Gleiches gilt es von der frühen „Feuerwerk“-Fantasie zu berichten. Kann man diese CD also vergessen?
Nicht ganz, denn Maazels Interpretation des selten gespielten „Gesangs der Nachtigall“, einer Orchestersuite aus der Oper „Die Nachtigall“ nach Andersens Märchen, präsentiert ein anderes Bild. Der mechanisch artifizielle Gesang der künstlichen Nachtigall und die teils grellen, teils pastellfarbenen Chinoiserien der Instrumentation – vor allem das Zusammenspiel von Flöte, Klavier und Celesta – erwachen plastischer und überzeugender zum Leben als bei den meisten anderen Einspielungen. Offensichtlich fühlen sich Maazel und die Wiener in China wohler als in Russland.

Thomas Schulz, 01.09.2007


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