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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Ludwig van Beethoven

Klaviersonaten op. 54, 78, 106

Gerhard Oppitz

Hänssler Classic/Naxos 98. 207
(68 Min., 6/2005 - 1/2006) 1 CD

Alle lieben Beethoven. Ist es anders zu erklären, dass gegenwärtig gleich mehrere Pianisten sich anschicken, das pianistische Vermächtnis des Titanen in Gestalt der 32 Klaviersonaten auf Platte zu bannen (Schiff, Kovacevich et ceteris)? Die Faszination, den Zyklus zu bewältigen, eine heroische Tat gleichsam zu vollbringen, die womöglich noch der Welten Lauf verändern möge, scheint groß, sehr groß; mitunter: allzu groß, das Beispiel von Paul Lewis möchte dafür als Anschauungsmaterial dienen.
Gerhard Oppitz traut man die Angelegenheit zu. Zumindest konditionell, habituell, intellektuell sowieso. Nichts, was dieser Mann nicht spielen, will sagen: nicht meistern könnte; und dies mit bayerischer Ursprungsgewalt. Beethoven zählt wie Brahms zu den Hausgöttern dieses Pianisten, die bisherigen sechs Aufnahmen mit den Sonaten belegen dies. Der siebte Teil der nach wie vor außergewöhnlichen Anstrengung liegt nun vor. Und es bedarf einiger Eingewöhnungszeit, um die Qualität dieser Interpretation zu erkennen. Beim ersten Hören nämlich wirkt, was man Oppitz nicht selten vorgeworfen hat im Verlauf seiner Karriere, sein Engagement für Beethoven doch recht ungeschlacht und grobkörnig. Da rattern etwa die Oktaven im Kopfsatz der wunderbaren (bis in alle Ewigkeit heillos unterschätzten) F-Dur-Sonate monoton hinauf und hinab wie eine Maschine, obwohl doch Beethoven in jeden noch so donnernden Oktavlauf eine Melodie, und sei sie nur fragmentarisch oder ungefähr, hineingekrümelt hat – was Oppitz wissen dürfte. Bei eingehender Betrachtung stellt sich dann heraus: Er, der Interpret, will es so, um das lyrische Moment, das hinter den Oktaven wohnt, stärker noch ins Licht zu stellen. Man muss das nicht mögen, aber man darf es mögen. Was man mögen muss, wenn auch nicht bewundern, sind die Lesarten der späteren Sonaten op. 78 (auch solch ein bis in alle Ewigkeit unterschätztes Opus) und op. 106. Es waltet hier eine gestalterische Souveränität, die den langjährigen Umgang mit dem Stoff der Begierde verrät, eine interpretatorische Reife, wie sie vielen jungen Tastenstürmern abgeht. Zumal die Hammerklaviersonate erfährt in der Regie von Gerhard Oppitz eine außergewöhnlich farbenreiche Behandlung, die das Philosophische durchaus streift, ohne ganz und gar in den Abgrund blicken zu wollen (oder zu können, das weiß man nicht). Alles in allem eine mehr als respektable Leistung. Vielleicht nichts Großes. Aber doch einer intensiven Beschäftigung in jedem Fall wert. Mit einem Wort: deutsche Qualitätsarbeit.

Tom Persich, 01.09.2007


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