Wer auf dieser CD mit Musik von der Iberischen Halbinsel Kastagnettengeklapper und klagende Hirtenmelodien erwartet, wird enttäuscht: Wir bewegen uns zumindest stilistisch im 18. Jahrhundert, und das war geradezu internationalistisch orientiert, und Lokalkolorit war verpönt.
Mit dem 19-jährigen Juan Crisóstomo Arriaga verblich im Jahre 1826 ein großes Talent. Eine Oper ist von ihm erhalten, die er als 13-Jähriger schrieb, eine Sinfonie und kaum mehr, und doch genießt er den Ruf eines "spanischen Mozart". Schon mit sechs Jahren wechselte er aus seiner Heimat ans Pariser Conservatoire. Seine Sinfonie in D zeigt eine eingängige, aber keineswegs tumbe Melodik und eine Harmonik, die zwischen den leuchtenden Vorbildern noch ihre Sprache sucht: hier ganz 18. Jahrhundert, dort mit raschen Dur-Moll-Wechseln wie eine Reverenz an die Sturm-und-Drang-Sprache Beethovens. Im Andante taucht dafür auf einmal - Zufall oder Absicht? - ein Motiv aus Haydns Schöpfung auf.
Auch wenn Arriaga auf dieser CD als Zugpferd dient, den Großteil des Programms bestreiten portugiesische Komponisten: Eine elegant-gefällige Sinfonie von Carlos Seixas (1704-1742) schließt sich an, eines großen Sonaten-Komponisten und Freundes von Domenico Scarlatti, gefolgt von der Ouvertüre "L’amore industrioso" von João de Sousa Carvalho (1745-1798), Musik, die wie nahezu überall in Europa zu dieser Zeit vom italienischen Vorbild geprägt ist. Abschließend noch eine einsätzige Sinfonia von António Leal Moreira (1758-1819) und die Ouvertüre "Il Duca di Foix" von Marcos Portugal (1762-1830).
Es sind Einblicke in eine Musikkultur, die nicht nur geografisch am Rande liegt, und die doch Neugier und Interesse weckt - von Marcos Portugal ist beispielsweise die Oper "Le donne cambiate" erhältlich. Das Algarve Orchester, das die vorliegende Einspielung unter der Leitung von Álvaro Cassuto gemacht hat, zeichnet ein detailliertes Klangbild und eine sehr natürliche, frische Lebendigkeit, die das ihre tut, um diese CD mit einem ausgesprochenen "Special interest"-Programm attraktiv zu machen.

Matthias Reisner, 01.09.2007

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