Kairos/helikon harmonia mundi 0012302
(60 Min., 1/2000, 9/2001) 1 CD
Mit der Rückkehr zur Neuen Komplexität hat auch der Skandal neuen Aufwind bekommen. Als in Donaueschingen "Construction in Space" der Österreicherin Olga Neuwirth zur deutschen Erstaufführung kam, war das eigentlich fürs Zeitgenössische offene Publikum außer Rand und Band. Und trotzdem hat es Neuwirth geschafft, gilt sie mit ihren 34 Jahren mittlerweile als eine der meistaufgeführten Komponisten ihrer Generation. Denn Neuwirths Experimentierlust will nicht einfach stören und verstörend sein. Ihre erfindungsreiche Doppel- und Dreifachbödigkeit, ihre labyrinthischen Klangentfaltungen baut sie mit einer kompositorischen Wachheit und Präzision auf, die Neugierde weckt.
Das Zusammenleben von hochempfindlich flackernden Gesten und raumgreifend exzessiven Akkordballungen macht denn auch das 45-minütige Orchesterwerk "Construction in Space" zu einer Reise in unbekannte Musikregionen. Ursprünglich die Filmmusik zu "The Long Rain" von Regisseur Michael Kreishl, fasziniert die ihrem Mentor Pierre Boulez gewidmete Konzertfassung für Solisten, vier Ensemble-Gruppen und Elektronik in ihrer attackierenden Virtuosität. Wildwuchsartig breitet sich die Musik zwischen Stillstand und drängender Bewegung aus, schlägt Neuwirth scharfe Schnitte hinein, um ständig Perspektivwechsel zu ermöglichen. Und die vom Klangforum Wien mit frappierender Souveränität geboten werden. Dass Neuwirth auf der Suche nach heterogenen Klangzuständen bisweilen mit Bekanntem spielt, ohne ins Postmoderne abzurutschen, zeigt sie in dem Auftragswerk für das London Symphony Orchestra "Clinamen / Nodus". Mit Hawaii-Gitarre und Zither schafft sie überraschende Hör-Dimensionen, die von Ferne an Edgar Varèse erinnern.
Guido Fischer, 15.03.2003
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