Don Carlo Gesualdos zweites Madrigalbuch erschien 1594, möglicherweise zuvor schon einmal im Jahre 1593 unter Pseudonym. Wundervolle Musik, deren freies, perfekt mit dem sprachlichen Duktus verschmelzendes Fließen auf rhythmischer und harmonischer Ebene höchste Könnerschaft verrät. Allerdings haben wir es hier noch nicht mit Gesualdos unverwechselbarer Tonsprache, die heute vor allem durch die Karwochenresponsorien bekannt ist, zu tun: Bei aller Textnähe bleiben Harmonik und Stimmführung auch im zweiten Madrigalbuch noch konventionell; keine Querstände und ungewöhnlichen Akkordfolgen, keine "verbotenen" Intervalle in den einzelnen Stimmen führen hier schon zu jener unvergleichlichen, elektrisierenden und fesselnden Stimmung, die die Spätwerke zu erzeugen in der Lage sind.
Hinsichtlich der Interpretationsleistung des Kassiopeia Quintet muss leider ähnliches bemängelt werden wie schon beim ersten Madrigalbuch im vergangenen Jahr: Es ist vor allem die oft zu wenig stabile Intonation, die den Hörgenuss trübt. Kurze blitzsaubere Passagen münden immer wieder in angespannte, unangenehm schwebende Klänge, die den Hörer ablenken und aus dem konzentrierten Verfolgen des sprachlich-musikalischen Gewebes herausreißen. Dies ist besonders bedauerlich im Hinblick auf die ansonsten sehr gute gestalterische Intention. Wenn das Kassiopeia Quintet wirklich an die Spitze gelangen will, wenn auch die offenbar geplante höchst ambitionierte und schon längst überfällige Auseinandersetzung mit Gesualdos weltlichem Gesamtwerk im Endergebnis auf CD eine wirkliche Bereicherung des Aufnahmenkatalogs werden soll, dann muss das Ensemble mit vollem Ernst und ohne Vorbehalte sein Augenmerk auf das Intonationsproblem richten.
Michael Wersin, 03.09.2005
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