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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Gérard Grisey

Quatre chants pour franchir le seuil

Catherine Dubosc, Klangforum Wien, Sylvain Cambreling

Kairos/Edel 7 82124 12252 2
(41 Min., 10/2000) 1 CD

Manchmal hält das Leben sinistre Zufälle bereit: Nur kurze Zeit nach der Vollendung seiner "Vier Gesänge, um die Grenze zu überschreiten", traf den Komponisten Gérard Grisey völlig unerwartet der Schlag. Die Grenze, um die es im Titel dieses Liederzyklus geht, ist keine andere als die zwischen Leben und Tod, und so sollte dieses Thema das letzte bleiben, mit dem Grisey sich beschäftigte.
Vier Texte aus vier verschiedenen Kulturkreisen bilden die Grundlage dieser vier Gesänge: ein Gedicht des französischen Lyrikers Guez Ricord, altägyptische Grabinschriften, einige Zeilen der altgriechischen Dichterin Erinna aus Telos und schließlich Verse aus dem Gilgamesch-Epos. Allen Texten gemein ist das ruhige Akzeptieren des unvermeidlichen Endes, und diese Atmosphäre des Friedens, das Bewusstsein, sich in einer neuen Sphäre zu befinden, prägt weite Teile der Komposition. Die Aura des Abschieds umweht die Musik, auch wenn das Werk nicht als Abschied gedacht war: durchweg langsame Tempi und eine Instrumentation, die tiefe Regionen bevorzugt - Bass- und Kontrabassklarinette, zwei Tuben.
Grisey, einer der Vordenker der "Spektralisten", die ihre Musik auf den Eigenschaften der Obertonreihe begründen, hat hier die Kompositionstechnik so transzendiert, dass sie beim Hören - im Gegensatz zu vielen dieser Schule entstammenden Partituren - nicht mehr wahrnehmbar ist. Das Ergebnis ist ein bewegendes Werk, das von seiner Aura - nicht vom tatsächlichen Klang - spätromantische Züge annimmt und gleichzeitig archaisch wirkt, Fin-de-siècle-Musik ebenso wie vorzeitlicher Ritus, beschlossen und gekrönt von einem Wiegenlied, das nach den Worten des Komponisten einer Menschheit gilt, die "endlich vom Albtraum befreit ist". Cathérine Dubosc und das Klangforum Wien realisieren die Partitur mit höchster Konzentration und Abgeklärtheit.

Thomas Schulz, 01.09.2007


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