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N° 1353
13. - 23.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



Die Wiener Staatsoper hat mit Mut zu vokalen Individualisten ein Juwel der "Grand opéra" ausgegraben. "Die Jüdin", seit ihrer Uraufführung 1835 sehr erfolgreich, wurde seit den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts jedoch kaum mehr gespielt.
Das Libretto von Eugène Scribe ist schlüssig und dramatisch effektiv und gipfelt in dem Finale, in dem ein jüdischer Vater und seine vermeintliche Tochter im Konstanz des frühen 15. Jahrhunderts in kochendes Wasser gestoßen werden, weil sie sich nicht zum Christentum bekehren lassen wollen. Erst in dem Moment, in dem die Tochter umkommt, offenbart Eléazar sein Geheimnis, dass nämlich nicht er der Vater ist, sondern der Kardinal, der diese "Taufe" in siedendem Wasser angeordnet hat.
Jacques Fromental Halévy hat für diesen Stoff großartige Melodien gefunden und sie leicht, raffiniert und gleichzeitig dramatisch orchestriert. Vieles klingt nach Bizet, Verdi oder Wagner, manches davon wie abgeschrieben. Allerdings ist Halévy nichts vorzuwerfen, denn alle diese Komponisten haben nach ihm gewirkt.
Obwohl "Die Jüdin" eigentlich eine Oper der Tenöre ist, die Partie des Eléazar wurde einst von Caruso und Martinelli geliebt, wird diese Wiederbelebung von drei Frauen und einem Orchester dominiert. Die australische Dirigentin Simone Young hat die Partitur von entstellenden Streichungen befreit und ihr mit den Wiener Philharmonikern zu einer erlesenen und tiefschürfenden Dramatik verholfen.
Die Titelrolle, Rachel, interpretiert Soile Isokoski mit flexiblem Ton und gut artikuliertem Französisch. Regina Schörg als Eudoxie, christliche Ehefrau Leopolds, der Rachel liebt, besticht durch ihren mühelos vollen Ton und ihre Geläufigkeit. Jedes Problem löst sie aufgrund ihrer Technik musikalisch und gewinnt auf diese Weise Schönheit und Ausdruck.
Neil Shicoffs inbrünstige Interpretation des Eléazar leidet an einer mangelnden Fokussierung. Seine Vokale sind hoffnungslos offen und verschattet, die Artikulation entsprechend grotesk. Das Gefühl für das musikalische Timing weicht der schieren Breite. Intensität entsteht vor allem durch schmerzliches Forcieren. Zoran Todorovic als Leopold schlägt sich oft nur mit monotonem Geknödel durch seine extrem hohe Partie. Alastair Miles als Kardinal klingt unglaublich heiser, aber ausdrucksstark.

Cornelia Wieschalla, 01.09.2007


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