Arte Nova/BMG 74321 75510 2
(60 Min., 3/1999) 1 CD
Für Großkulturbürger europäischer Metropolen mag schon immer verwunderlich gewesen sein, warum so mancher Dirigent sich mitunter in die deutsche Provinz zu Rundfunksinfonieorchestern, sogar der zweiten Reihe, verirrt. Diese Bruckner-Einspielung aus Saarbrücken zeigt, warum dies der Fall war und ist.
Stanislaw Skrowaczewski entlockt den Saarländern beachtliche Ensemblequalitäten - im scharf konturierten Tutti wie im subtilen Farbenspiel der einzelnen Klanggruppen. Feinarbeit ist vor allem im Dynamischen zu beobachten, wobei der in Minnesota tätige Pole offenbar ein Faible für die mystisch-sakralen Bruckner-Sphären hat. Dies zeigt bereits der ins Pianissimo getauchte und wohlproportioniert vorwärtsschreitende Beginn des Eröffnungssatzes. An seiner Motivik, an der starken Kontrastbildung und den choralartigen Einschüben des ersten und letzten Satzes wird im übrigen deutlich, wie sehr Bruckner in seiner bereits 1863 verfassten, erst 1924 uraufgeführten "Nullten" schon bei sich selber und den "reifen" Neunlingen war. (Das wiederum belegt die Verlegenheit der von Bruckner selbst nachträglich vorgenommenen Nummerierung, zumal der "Nullten" noch eine f-Moll-Sinfonie vorausging). Das Andante allerdings vermag auch die ausgeklügelte saarländische Phrasierungsarbeit nicht vom Eindruck eines Wagner-Schumannschen Versatzstückes zu befreien. Dafür entschädigt das von Skrowaczewski für Streichorchester bearbeitete, schwärmerisch mäandrierende Adagio von Bruckners Streichquintett.
Christoph Braun, 08.06.2000
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