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N° 1354
20. - 30.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Domenico Zipoli, Anonymus

Barocke Musik aus den Missionen der Chiquitos und Moxos Indianer

Florilegium, Escalera, Villea, Alejandra Wayar, Misera, Solomon

Channel Classics/harmonia mundi CCS SA 22105
(72 Min., 4/2004) 1 CD

Von musikalischen Begegnungen in Bolivien erzählen diese CD und die sie begleitende 45-minütige DVD. Als jesuitische Missionare im 17. und 18. Jahrhundert neue Siedlungen gründeten, gehörte die Einrichtung von Gesangsensembles und Orchestern sicher zu den glaubwürdigeren Mitteln, einen positiven emotionalen Kontakt zur einheimischen Bevölkerung herzustellen. Glauben wir zeitgenössischen Dokumenten, brauchte das Musikleben an vielen dieser Orte den Vergleich mit der Musikkultur an den Kathedralen Spaniens bald nicht mehr zu scheuen. Dass wir ihnen glauben könnten, das liegt an einer neueren Begegnung im bolivianischen Dschungel. In der Kirche von Conception trafen sich 2004 die Musiker des britischen Alte-Musik-Ensembles Florilegium mit jungen bolivianischen Sängerinnen und Sängerinnen. Gemeinsam nahm man hier eine Auswahl des für die Missionsgebiete zusammengestellten und zum Teil erst vor kurzem wieder entdeckten Repertoires auf; die DVD dokumentiert dabei Forschungs- wie Probenarbeit in einem kleinen Dokumentarfilm. Als musikalische Entdeckungen erwiesen sich neben sorgsam durchgearbeiteten Violinduetten und einer reizvoll-eingängigen Komposition für Blockflöte und Orchester auch größere Motetten und Psalmvertonungen. Etliche der anonym überlieferten Kompositionen wurden dabei vermutlich einst von einheimischen indianischen Komponisten verfasst, wobei manche von ihnen sogar auf Texte in indianischer Sprache geschrieben sind. Stilistisch unterscheiden sich diese Werke nun zwar kaum von dem, was an Musik von europäischstämmigen Komponisten wie Domenico Zipoli (1688 – 1726) in den Archiven der Missionen lagert. Sie charmieren aber auf hohem kompositionstechnischen Niveau durch flüssige Stimmführung und melodische Eingängigkeit. Glücklicherweise versuchen die Musiker nicht, die Stücke durch Schlagwerk oder Zusatzinstrumente künstlich zu exotisieren: Sie überbrücken lieber mit hörbarer Freude und gegenseitiger Neugier die feine Spannung, die zwischen den neu in die historische Aufführungspraxis eingewiesenen Solisten mit ihren vollen runden Stimmen und den Instrumentalisten mit ihrem tendenziell helleren, kontrollierten Klang liegt.

Carsten Niemann, 01.09.2007


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