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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Franz Schmidt

Concertante Variationen über ein Thema von Beethoven, Klavierkonzert Es-Dur

Carlo Grante, MDR Sinfonieorchester, Fabio Luisi

Querstand. MDR Edition 16/Codaex VKJK 0611
(79 Min., 2005 u. 2006)

Ganz so sämig, wie Fabio Luisi das MDR-Sinfonieorchester begleiten lässt, ist das wohl nicht gedacht. Im Gegenteil, Franz Schmidts Beethoven-Variationen gehören mit zum Spritzigsten für die linke Hand am Klavier allein. Das müsste eine Welt zwischen "Rosenkavalier" und Regers Mozart-Variationen sein, die man hier betritt – aber der Solist, Carlo Grante, kommt ihr nur nahe; immerhin näher als Orchester und Dirigent. Und wer, bitteschön, ist Franz Schmidt? Kennen werden ihn vor allem Kurkonzertfans: Noch immer wird dort das Intermezzo aus Schmidts Oper "Notre Dame" gerne gemartert. Der ehemalige Cellist der Wiener Philharmoniker wurde ein Jahr vor seinem Tod noch von den Nazis an die Brust gedrückt; da Schönberg oder Krenek längst das Weite gesucht hatten, rief man Schmidt, nach dem "Anschluss", zum "besten lebenden Komponisten" der "Ostmark" aus – ein Preisen, das seinen Preis hatte: Bis heute gilt Schmidt als bräunlich. Dabei machte er sich mit dem Nazipack überhaupt nicht gemein. Den Auftrag zu einer Kantate "Deutsche Auferstehung" verschleppte er bis zum St. Nimmerleinstag, komponierte lieber noch zwei Werke für den einarmigen Pianisten Paul Wittgenstein – und starb dann einfach.
Wittgenstein, den eine Verletzung aus dem Ersten Weltkrieg den rechten Arm kostete, war denn auch der Adressat dieser beiden Konzertwerke "für die linke Hand". Und es wäre wirklich schön gewesen, derlei rares Repertoire etwas motivierter serviert zu bekommen. Nicht, dass es sich um Meilensteine der Musikgeschichte handelte; beide Werke sind "nur" handwerklich versierte, auf solider Polyfonie gründende und verführerisch jugendstilig eingekleidete Divertissements – aber ihr unbezweifelbarer Charme lässt sich hier oft nur erahnen. Dem profunderen (und wohl auch schwülstigeren) Konzert in Es-Dur geht es etwas besser, obwohl auch hier das Orchester letztlich einer laschen Weichspülästhetik frönt; schärfere Akzente und mehr Emphase hätten auch ihm gutgetan. Das war’s doch, wovon die ganze Epoche zehrte: Emphase. Wiederum ist der Solist Grante näher am pochenden Herzen der Musik – aber auch er, bei zugegeben höherem Schwierigkeitsgrad, bleibt zu vorsichtig und verausgabt sich nicht. Trotzdem, in Ermangelung an Alternativen, eine willkommene Repertoire-Ergänzung.

Thomas Rübenacker, 17.11.2007


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