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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



Seit August Horch das eigene Kraftfahrzeugunternehmen kalauernd mit seinem latinisierten Nachnahmen („Audi“ = „Hör zu!“) versah, fragen sich Autofahrer, worauf sie eigentlich hören sollen - denn Motoren- und Fahrgeräusche konnten doch wohl nicht gemeint sein. Nun hat endlich die Musikwissenschaft dem Ingolstädter Autobauer einen Weg aus dem Marketingdilemma gebahnt: Sie entdeckte den aus Ingolstadt stammenden Komponisten Johann Simon Mayr (1763 – 1845) wieder. Wohl nicht zuletzt aufgrund der pekuniären Unterstützung von Audi erleben seine Werke gegenwärtig einen kleinen Boom. Zu Recht, wie auch dieses sportliche Oratorium der gehobenen Mittelklasse beweist. Geschrieben hat es der spätere Wahlitaliener für eines der berühmten venezianischen Mädchenkonservatorien, weswegen alle Rollen mit Frauenstimmen besetzt sind. Doch trotz des geistlichen Sujets lernen wir Mayr ganz als „Vater der italienischen Oper“ kennen (wie er etwas vollmundig, aber nicht völlig unberechtigt, von seinen Fans genannt wird): Was der stilistisch zwischen Mozart und Rossini stehende Komponist dabei an Tiefgründigkeit vermissen lässt, macht er durch dramatischen Instinkt, prägnante Kürze der Einzelnummern und eine farbige Instrumentation wett.
Franz Hauk dirigiert die nach Mayr benannten Instrumental- und Vokalensembles souverän, mit spürbarem Engagement und viel Sinn für rhetorische Klarheit. Was die Klangschönheit anbetrifft, gehen Chor und Orchester allerdings nicht sehr weit über das Mittelmaß hinaus. Auch würden die prominenten Partien der Bläser weniger hart mit den Streichern kontrastieren, wenn sie mit Originalinstrumenten besetzt wären. Die jungen Solistinnen machen ihre Sache gut, die eigentliche Entdeckung der CD ist aber die äußerst präsente und koloraturfeste Sopranistin Cornelia Horak in der Rolle des Königs Saul: Schon in den ersten Noten lässt sie die ganze Intensität von Sauls Wahnsinn spüren und sie wird diese Spannung bis zum buchstäblich in letzter Minute einsetzenden guten Ende durchhalten. Hört, hört!

Carsten Niemann, 20.09.2008


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