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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Jean-Baptiste Lully

Cadmus et Hermione

André Morsch, Claire Lefilliâtre, Le Poème Harmonique, Vincent Dumestre u.a.

Alpha/Note 1 ALP701
(123 Min., 1/2008) 1 DVD

Am 27. April 1673 war Ihre Majestät Louis XIV. rundum begeistert von dem, was ihm da über zwei Stunden lang zu Ohren und zu Augen gekommen war. Im Opernhaus der Pariser Académie Royale de musique hatte er nicht nur der Geburtsstunde der Tragédie lyrique beigewohnt, mit der das Erfolgsduo Jean-Baptiste Lully/Philippe Quinault auf Jahrzehnte hinweg das französische Opernleben beeinflussen sollte. Gleich das erste abendfüllende Werk dieser Gattung, "Cadmus et Hermione", entpuppte sich als ein den König und Staatsmann so recht lobpreisendes Repräsentationsspektakel, bei dem der italienische Bühnenbildner Vigarini sämtliche Bühnenmaschinenregister gezogen haben muss. Nach Regisseur Benjamin Lazar, zurzeit wohl der Experte für die historische Inszenierungspraxis, waren die Kostüme aufwendig bis hin zum kunterbunten Federschmuck gestaltet. Und auch dank der eifrigen Quellentrüffelschweine vom Versailler Centre de Musique Baroque konnten selbst die reichen Tanzeinlagen rekonstruiert werden, um "Cadmus et Hermione" so authentisch wie möglich jetzt auf die Bühne der Pariser Opéra-Comique zu bringen. Die Fleißarbeit hat sich mehr als gelohnt. Denn wie schon bei der überragenden Produktion von Lullys und Molières Comédie-ballet "Le bourgeois gentilhomme" belegt das eingespielte Team um Dirigent Vincent Dumestre und Benjamin Lazar erneut, wie viel Theaterblut in so einem klassizistisch durchgeplanten Gesamtkunstwerk tatsächlich fließen kann.
Natürlich geht es hier zuallererst um eine bedrohte Liebe. Der Thebenkönig Cadmus kann als wackerer Edelmann nicht nur Hermione aus den Klauen des Riesen Draco befreien. Nebenbei nimmt er es mit einem Drachen genauso auf, wie der Kriegsherr Louis XIV. im wahren Leben kurz zuvor mit den niederländischen Feinden – solche allegorischen Anspielungen waren damals Pflicht. Für das unterhaltsame Salz in der Suppe sorgten 2008 bei dem Livemitschnitt die reichlich umherfliegenden Götter und wild stampfenden Faune, komische Fabelwesen und viel Commedia-dell'Arte-Pfiff. Im Zentrum dieser Zauberwelt stehen jedoch mit André Morsch als Cadmus und Claire Lefilliâtre als Hermione zwei Sänger, die äußerlich eine nach strengen Kodizes ablaufende Gestensprache befolgen. Innerlich sorgen sie hingegen für dramatische Seelenbewegungen, die besonders bei der "Maria Callas der Alten Musik", bei Claire Lefilliâtre, in betörend tragisch-schöne Momente münden. Aber im Grunde ist jede einzelne Namensnennung unfair gegenüber den Bühnenkollegen, denn Vincent Dumestre hat erneut ein erstklassig die barocke Rhetorik beherrschendes Ensemble zusammengestellt. Und seine Instrumentalisten von Le Poème Harmonique bieten einen mal gespannt-vibrierenden, mal eleganten Lully, wie man ihn so bislang nur vom Lullypionier William Christie zu hören bekommen hat.

Guido Fischer, 13.12.2008


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