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N° 1353
13. - 23.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Béla Bartók, Richard Strauss, Felix Mendelssohn Bartholdy

Der wunderbare Mandarin (Suite), Burleske d-Moll, Sinfonie Nr. 3

Rudolf Buchbinder, Wiener Philharmoniker, Christoph von Dohnányi

medici arts/Naxos 2072208
(82 Min., 11/1977) 1 DVD

1977 war der 48-jährige Christoph von Dohnányi dabei, mit den Wiener Philharmonikern die fünf (großen) Sinfonien Mendelssohns einzuspielen – was damals noch keinesfalls selbstverständlich war. Der Rezensent beschaffte sich anno dazumal die Schallplatte mit der Ersten und Fünften und war sehr angetan vom fulminanten Zugriff auf den vernachlässigten "klassischen" Romantiker. Auch die "Schottische", die 32 Jahre später, zum Mendelssohn'schen Jubeljahr, auf DVD wiederveröffentlicht wird, versieht Dohnányi in den Ecksätzen mit gehörigem Unruhepotenzial. Charakteristischer- und ungewöhnlicherweise für die Zeit werden nicht nur zügige Tempi angeschlagen, auch die Bläser besitzen neben den berühmten Geigern genügend kantigen Entfaltungsraum. So stellen sich die Bilder von stürmischer See, schauerlichen Heldensagen und uralten Burgruinen, die Mendelssohn 1842 von seiner Schottlandreise mit nach Hause brachte, ganz von alleine ein. Wer allerdings die vergangenen drei Jahrzehnte genutzt hat, um sich beispielsweise bei Norrington nach einem neuen, historisch fundierten Mendelssohnbild umzuhören, der wird die schönfärberische Patina der langsamen Mittelsätze nicht überhören.
Ganz in ihrem Element sind die "singenden" Wiener natürlich bei Strauss, Richard. Und ihr Landsmann Buchbinder lässt die widerborstig-kapriziöse d-Moll-Burleske des 21-Jährigen mit viel souveränem Charme Revue passieren. Die eigentliche Überraschung des Konzerts (das im großen Musikvereinssaal leider ohne Publikum aufgezeichnet wurde) aber brachte sein Beginn: nicht etwa, weil die Wiener Edeltruppe Bartóks "Mandarin"-Suite mustergültig eingespielt hätte – dafür bleiben die konservativen Herren mit den dicken Hornbrillen doch etwas zu brav und werden sichtbar mühsam von Dohnányi zum Schlussfuror getrieben. Aber dass das nach wie vor verstörend brachiale Opus hier in diesen ehrwürdigen Hallen erklingen durfte (gerne hätte man die Publikums-"Reaktion" – in Wien durchaus auch im übertragenen Sinn zu verstehen – erlebt), wie auch die Tatsache, dass Dohnányis komponierender Großvater und Lehrer Ernö (Ernst von Dohnányi) die Suite 1928 in Budapest aus der Taufe hob, macht die DVD zum Dokument. Der (auch politisch) noch recht feurige Enkel wurde 1977 jedenfalls der Familientradition künstlerisch vollauf gerecht.

Christoph Braun, 30.05.2009


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