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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Joseph Haydn

Streichquartette op. 1

Auryn Quartett

Tacet/Gebhardt Tacet 167
(98 Min., 2008) 2 CDs

Mit Haydns Werkreihe op. 1 begibt sich das Auryn Quartett zurück zur Geburtsstunde des Streichquartetts und startet zugleich beim Hauslabel TACET eine umfangreiche Veröffentlichungsserie, an deren Ende alle Quartette Haydns neu eingespielt sein sollen. Keine Kleinigkeit bei diesem Mann: Streichquartette schrieb Joseph Haydn schließlich nicht weniger als 68. Gegen die Behauptung vom Opus 1 als historischer Stunde null lassen sich natürlich bekannte Einwände wiederholen, vor allem der Hinweis, dass Haydn selbst diesen Anfang zunächst nicht als einen solchen bewertet hat: Seine vermeintlich ersten Streichquartette nannte er bescheiden "Divertimentos". Und so klingen sie dann auch, auch in der Einspielung des Auryn Quartetts – unterhaltsam, zerstreuend, vergnüglich. Die Auryns musizieren mit leichter Hand und mit gespitzten Ohren, schattieren den Klang zwar durch bis in tiefe Grundtöne, drücken der feinen Musik aber keine Lasten auf: Das Ensemble bewegt sich wie auf Zehenspitzen, gewährt den zentralen Mittelsätzen mit ihren oft ariosen Melodien einen langen Atem und verleiht auch den schlichtesten Begleitfiguren eine natürliche Lebendigkeit.
Gleichwohl überrascht, dass sich ein so innovatives Ensemble nicht weiter auf die Konsequenzen einer sogenannten historischen Aufführungspraxis einlässt: Zwar werden Wiederholungen in langsamen Sätzen hin und wieder mit Verzierungen garniert, das Vibrato ist, was es sein sollte, ein subtiler Effekt, keine Dauerzustand, und auch die Phrasierung ist kleingliedriger, als sie bei einem vergleichsweise guten Ensemble vor 30 oder 40 Jahren noch gewesen wäre. Doch der generelle Gestus ist der eines großen, modernen Quartetts, das hier halt eine etwas klein geratene Musik spielt. Auch die Aufnahmetechnik ist entsprechend: mit erheblichem Erfolg auf Brillanz und Räumlichkeit zielend, aber ganz geleitet von der Akustik des heutigen Konzertsaals, nicht von der Vision, wie diese Musik vor 250 Jahren – geschrieben als Hausmusik für Laien – geklungen haben mag: sicher intimer, zarter und um einiges näher am Hörer. So wird das Streichquartett, "diese höchste Instrumentalgattung im privaten Bereich", wie sie der Musikwissenschaftler Ludwig Finscher einmal genannt hat, von den Auryns und ihrem Tonmeister Andreas Spreer schon in dieser frühen Stunde fit gemacht für die Bedürfnisse einer musikalischen Öffentlichkeit, die sich jedoch erst viel später, am Ende von Haydns Leben, allmählich zu etablieren beginnt.

Raoul Mörchen, 06.06.2009


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