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N° 1354
20. - 30.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Rudolf Nureyev

EMI Classics 216 5729
(90 Min., 1991) 1 DVD

Tänzer müssen Narzissten sein. Denn wenn der Körper schon ihr einziges Kapital ist, muss er entsprechend bis zur letzten Bauchmuskelfaser gepflegt werden. Wenige Jahre vor seinem Tod 1993 hatte Rudolf Nurejew zwar schon den Zenit seiner Jahrhundertkarriere übersprungen. Doch trotz HIV-Infektion ließ er sich und seinen Körper nicht hängen, wollte er wohl bis zum vorletzten Schluss aller Welt beweisen, wie gut er noch in Form ist. Und so bestellte er eigens einen Kameramann, um sich dabei filmen zu lassen, wie er sich als nackter Adonis auf Felsen räkelt und versonnen aufs Meer blickt. Zur reinen Selbstinszenierung geraten diese Bilder umso mehr, wenn Nurejew zwischendurch immer wieder mit einem verstohlenen Seitenblick die Kameraposition zu kontrollieren scheint. Mit dieser optisch makellosen Legende schloss denn auch Regisseurin Patricia Foy 1991 ihr Filmporträt, das jetzt im DVD-Format erschienen ist. Und wenngleich ihre Chronik eines Jahrhunderttänzer-Lebens damit doch unvollständig bleibt und den danach einsetzenden Verfall ausblendet, fängt die Dokumentation auch anhand von historischen Aufnahmen das Phänomen "Rudolf Nurejew" sehenswert ein.
Die an Nurejew bewunderte Sprunggewalt und technische Präzision ist da sogleich in einem Filmchen zu bestaunen, die den 20-Jährigen bei einer Wettbewerbsgala in Moskau zeigt. Als "Korsar" wirbelt Nurejew mit einer Virtuosität, aber auch archaisch wirkenden Wildheit über die Bretter, bei der seine tatarische Herkunft ungebändigt durchbricht. Natürlich kommen neben weiteren Aufzeichnungen aus seiner späteren Blütezeit in London all seine zahllosen Bewunderinnen zu Wort, mit denen er Ballettgeschichte geschrieben hat. Sei es die russische Primaballerina Natalia Dudinskaja oder die englische Tanzikone Margot Fonteyn. Doch auch abseits der Pirouetten und Entrechats ließ sich Nurejew weder politisch noch als Opernballett-Direktor an die Kette legen, sondern suchte seine eigenen neuen Wege. Solche unbequemen und eigensinnigen Freigeister sind heute fast ausgestorben. Und allein deswegen wird es so schnell keinen zweiten Nurejew geben.

Guido Fischer, 19.09.2009


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