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N° 1354
20. - 28.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Giovanni Battista Pergolesi

Stabat Mater u.a.

Rachel Harnisch, Sara Mingardo, Julia Kleiter, Orchestra Mozart, Claudio Abbado

DG/Universal DG 477 807-7
(65 Min., 11/2007) 1 CD

Erst kürzlich war ein Pergolesi-Stabat-Mater unter Abbados Stabführung zu verreißen – eine DVD-Version aus dem Jahre 1979, mit Katia Ricciarelli und Lucia Valentini Terrani. Mittlerweile, immerhin 30 Jahre später, gibt sich Abbado wesentlich historisierender mit diesem epochemachenden, dicht unter seiner vertrauten Oberfläche durchaus sperrigen Meisterwerk. Das 2004 gegründete Orchestra Mozart, mit dem Claudio Abbado seither ältere Musik bis ca. 1800 aufführt, produziert irgendwie einen vibratoarmen Alte-Musik-Sound, allerdings in moderner Stimmung. Sara Mingardo ist die in Sachen Alte Musik erfahrenere Kraft im Sängerteam, wenngleich sie stimmlich ja seit jeher alles andere als Diätkost abliefert. Aber sie weiß immerhin um einige rhetorisch-musikalische Grundregeln, z. B. das organische Abphrasieren unbetonter Silben, das ihrer Kollegin Rachel Harnisch nicht so vertraut ist: Sie vibriert und crescendiert munter auf so manchem nicht akzentuierten Wortende.
Und so sehr Sara Mingardo in ihren Solonummern auch ihren interpretatorischen Freiraum nutzt – eine ähnlich kompromisslose und radikale, dem Text angemessene Darbietung, wie sie sie vor Jahren unter Rinaldo Alessandrini abgeliefert hat, kann sie in diesem Umfeld freilich nicht erbringen. Warum kleistert etwa der wild gewordene Continuo-Organist die stringente Synkopenstruktur der Altarie "Quae moerebat" beinahe pausenlos mit Sechzehntelläufen zu? Eine von vielen Fragen an diese Aufnahme, die der Rezensent nicht zu beantworten vermag. Aber die historisierende Aufführungspraxis hat heutzutage zum Glück selbst schon ihre Geschichte. Der Griff in den Plattenschrank fördert Christopher Hogwoods Einspielung von 1988 zutage, mit Emma Kirkby und James Bowman: eine edle Einspielung, die dem teils spannungsreichen Miteinander barocker Topoi und frühklassischer Revolutionismen in Pergolesis Partitur mit einem von Dezenz geprägten Interpretationsansatz gegenübertritt, bei dem das Wort im Mittelpunkt steht. Eine Wohltat.

Michael Wersin, 26.09.2009


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