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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Joseph Haydn

Die Schöpfung

Julia Kleiter, Maximilian Schmitt, Johannes Weisser, RIAS Kammerchor, Freiburger Barockorchester, René Jacobs

harmonia mundi HMC 992039.40
(101 Min., 1/2009 ) 2 CDs, + 1 DVD "Creating the Creation"

Wie erschafft man eine Schöpfung? Auf der beigefügten DVD mit Ausschnitten von Aufnahmesitzungen sagt René Jacobs: Haydns "Schöpfung" aufzuführen ist so etwas wie Gott selbst sein. Nach welchem Maß bestimmt sich die Vollkommenheit oder Unvollkommenheit einer Schöpfung? Wie viele Haydn-"Schöpfungen" verzeichnet die Aufführungstradition aus zwei Jahrhunderten, Diskografie inbegriffen? Haydn wollte den bewunderten Händel noch überbieten, brach mit allen vorigen Oratorien-Konventionen, und die Zeit nach ihm kannte nur noch eine musikalische Dimension, den göttlichen Schöpfungsakt zu feiern: die Dimension Haydns.
Die Diskografie kennt "gelungene" und "missratene" Aufnahmen. Ein Bestand an Textkriterien, historischen Erkenntnissen, aufführungspraktischen Bedingungen, dazu noch Maximen der Rezeptionsgeschichte und Geschmacksbildung, die sich gar nicht oder nur schwer widerlegen lassen. Bei der ersten öffentlichen Aufführung der "Schöpfung" in Wien waren 120 Instrumentalisten und 60 Sänger versammelt. Haydn verlangte eben solche Klangdimensionen, wie sie in Paris möglich waren, wie er sie soeben in London kennengelernt hatte. Sein Orchester in Eisenstadt und Esterházy entsprach eher der Sollstärke des Freiburger Barockorchesters. Esterházy, Wien, London – was ist richtig, was ist gut?
René Jacobs fühlte sich bei dieser Einspielung "wie Gott" – keine Amtsanmaßung. Er versteht Haydns Sprache und seine Tempoverhältnisse genauer als die von Mozart. Er webt Haydns Musik filigran mit dem Silberstift, er reißt sie scharfkantig mit dem spitzen Stichel, er lässt sie rührend sanft ihre Liebe zur Schöpfung, zum Menschen bezeugen – und zu einem gütigen, niemals rachsüchtigen Gott. Nicht immer sonst ritten die Streicher solche Attacken, stets unangepasst, immer überraschend legen sich die Bläser ins Zeug, eine mündige, sprachmächtige Gesellschaft für sich. Der RIAS Kammerchor: Spitze der Intonationsreinheit, Wortdeutlichkeit, rhythmischen Stabilität. Die drei Solosänger halten sich vom urweltlichen Bardenton fern, sind jung-, schlank-, hellstimmig und unpathetisch sachlich, zugabenfreudig auch bei improvisierten Übergängen und Auszierungen. Ebenso spendabel mit Soloeinlagen: Sebastian Wienand am Fortepiano. Der Kosmos an assoziativen Empfindungen, an suggestiver Bildlichkeit und Plastizität, der sich beim Anhören dieser "Schöpfung" auftut, ist nicht so schnell auszumessen.

Karl Dietrich Gräwe, 31.10.2009


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